„Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“
Wie die Sozialgenossenschaft Akrat von einigen Nachbarn schikaniert wird – weil sie mit Flüchtlingen arbeitet.
Bei der Sozialgenossenschaft Akrat Recycling am Bozner Matteottiplatz findet ein Testverfahren für Flüchtlinge statt. Es handelt sich dabei um „hamet 2“, ein Pilotprojekt im Auftrag des Amtes für Senioren und Sozialsprengel der Autonomen Provinz Bozen.
In diesem Verfahren geht es darum, Kompetenzen von Flüchtlingen zu testen, die für eine Integration in den Arbeitsmarkt relevant sind. Diesmal treten zwölf Personen an. Sie stammen aus Pakistan und Afghanistan und werden von vier Testern betreut.
„Um 08.00 Uhr taucht der Stadtteilpolizist vor dem Eingang der Sozialgenossenschaft auf und schaut sich um. Eine Stunde später stehen zwei Stadtpolizisten vor der Eingangstür, schreiben ein Protokoll und gehen. Um 10.00 Uhr tauchen zwei andere Stadtpolizisten auf und erkundigen sich bei Mitarbeitern des Projektes, was diese Ansammlung von Migranten soll“, berichtet die Sozialgenossenschaft Akrat.
Der Grund für diese beachtliche Polizeipräsenz waren Anrufe aus der Nachbarschaft. Und die Polizei erscheint bei jedem Anruf, in diesem Jahr schon etliche Male: Es seien immer die gleichen Nachbarn und wenn angerufen wird, kommen sie, so die Auskunft der Polizisten an die Sozialgenossenschaft.
Sie sagt:
„Einige Nachbarn – zwei bis drei – kümmern sich also offensichtlich um uns und die Stadtpolizei ist bei jedem neuen Anruf prompt zur Stelle. In den letzten vier Jahren – so lange gibt es Akrat als Sozialgenossenschaft – haben wir zahlreichen Stadtpolizisten in Uniform oder Zivil erklärt, was wir tun. Als Sozialgenossenschaft des Typ B haben wir das Ziel, Arbeitsplätze zu schaffen für Menschen, die sich auf dem Arbeitsmarkt schwertun.
Wir produzieren Möbel und Textilien aus Recyclingmaterial und leben vom Verkauf dieser Produkte. Mittlerweile sind zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt – Teil- und Vollzeitstellen, dazu Praktikanten und Freiwillige. Es sind Menschen aus acht verschiedenen Nationen, die an diesem Ort arbeiten, sich für etwas einsetzen und sich wohlfühlen. Es ist ein guter Platz um Vorurteile abzubauen und Kontakte zu knüpfen.“
Die angesprochenen Nachbarn, so die Sozialgenossenschaft, „kümmern sich äußerst gewissenhaft um unsere Lizenzen und ob insgesamt alles in Ordnung ist. Es wurde auch schon vermutet, dass wir als Schlafsaal für Flüchtlinge funktionieren, auch das wurde von der Stadtpolizei kontrolliert.“
Auch eine Anfrage der Süd-Tiroler Freiheit im Landtag wurde von diesen besorgten Nachbarn initiiert. „Sven Knoll & Co. setzen sich also nicht nur für die Belange der deutschsprachigen Bevölkerung ein, denn die Wohnbevölkerung um den Matteottiplatz spricht mehrheitlich italienisch.“
Durch diese Anfrage aufgeschreckt, habe das Amt für Luft und Lärm im Februar dieses Jahres für zwei Monate die Maschinen der Sozialgenossenschaft gestoppt. Wochen nachher seien die Lärmbelästigung gemessen und die Grenzwerte auf dem Balkon der Nachbarin als zu hoch eingestuft worden.
„Bis wir die Akustikmaßnahmen gebaut haben, können wir nur vier Stunden am Tag die Maschinen in der Tischlerei benützen, was unsere Produktionskapazität natürlich stark einschränkt. Dazu 1.000 Euro Strafe, da die Maschinen nicht rechtmäßig gemeldet waren“, erklären die Akrat-Verantwortlichen.
Weiters heißt es:
„Diese unsere Nachbarn sprechen nicht mit uns, sie delegieren alles an die Stadtpolizei, in größter Not offensichtlich auch an die Süd-Tiroler Freiheit. Es sind immer die gleichen Personen und es geht immer um Ruhestörung. Wir werden genauestens beobachtet und vorbildlich kontrolliert.
Es gibt aber nicht nur diese Nachbarn. Wir genießen auch viel Sympathie und Anerkennung. Diese ist für uns wichtig, gibt uns Auftrieb und um diese werden wir uns auch weiterhin bemühen.“
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Kommentare (10)
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brutus
…ich möchte auch die andere Seite hören, ein Scheit alleine brennt bekanntlich nicht!
meintag
Wenn die Nachbarschaft Probleme sieht wäre ein Zusammenkommen unabdingbar um angsprochene Dinge zu bereden. Da der Verein auch mit öffentlichen Geldern arbeitet ein Muss der Gesellschaft gegenüber.