Keine Zusatzkosten mehr
Am 15. Juni fallen die Roaming-Gebühren endgültig weg. Doch die Verbraucher müssen weiterhin auf Kostenfallen achten. Was Sie wissen müssen.
Ab 15. Juni 2017 heißt es „Roam like at Home“: Ab dann wird es für Verbraucher möglich sein, den eigenen Heimtarif für Telefonate, SMS und Datenvolumen auch im EU-Ausland für vorübergehende Reisen in Anspruch zu nehmen, ohne zusätzliche Roaming-Gebühren bezahlen zu müssen.
Die Verbraucherzentrale Südtirol (VZS) und das EVZ Italien – Büro Bozen beantworten die wichtigsten Fragen zur Abschaffung der Roaming-Gebühren.
Was ist Roaming?
Beim Auslands-Roaming verbindet sich das Handy des Nutzers im Ausland mit einem fremden Mobilfunknetz, da das eigene Mobilfunknetz nicht verfügbar ist. Für die Benutzung des fremden Netzes entstehen Kosten, die zwischen den Anbietern verrechnet werden und die bisher mittels Roaming-Gebühren an den Endkunden weiter gegeben wurden.
Das Roaming im Inland, bei dem man innerhalb von Italien ein fremdes italienisches Netz zum Surfen im Internet benutzt, ist von den Änderungen durch die EU-Verordnung nicht betroffen. Wichtig: Man spricht nicht von Roaming, wenn man vom Heimnetz ein ausländisches Netz anruft, da man hier mit dem eigenen Netz verbunden ist.
In welchen Staaten ist die EU-Verordnung anwendbar?
Die Verordnung ist in allen 28 EU-Mitgliedsstaaten anwendbar und ermöglicht somit in der gesamten EU Telefonieren, Simsen und Surfen zum Inlandstarif. Momentan gilt dies auch für Großbritannien, im Zuge des Brexit könnte sich dies aber ändern. Außerdem werden auch Norwegen, Island und Liechtenstein die Verordnung umsetzen.
Gehören die Roaming-Gebühren nun endgültig der Vergangenheit an?
Nicht so ganz. Die Verordnung sieht explizit zwei Szenarien vor, die dem Mobilfunkbetreiber erlauben, Roaming-Aufschläge zu verrechnen:
- Sollte das inländische Entgeltmodell des Anbieters durch die Abschaffung der Roaming-Gebühren bedroht sein, kann der Anbieter bei der nationalen Regulierungsbehörde bei bestimmten, außergewöhnlichen Umständen eine Genehmigung zur Erhebung von Roaming-Gebühren einholen.
- Sollte der Verbraucher während eines Beobachtungszeitraumes von mindestens vier Monaten gegen die Fair-Use-Klausel verstoßen, die eine angemessene Nutzung festschreibt, kann der Anbieter bei Anzeichen einer missbräuchlichen Nutzung den Nutzer verwarnen und einen Nachweis bezüglich des gewöhnlichen Aufenthalts des Nutzers verlangen. Sollte keine stabile Bindung zum Roaming-Land bestehen (z. B. Arbeits- oder Studienverhältnis) oder das Nutzungsverhalten des Kunden weiterhin keine angemessene Nutzung vorweisen, kann der Anbieter – nach entsprechender Mitteilung – vom Kunden Roaming-Gebühren verlangen. Damit soll das permanente Roaming unterbunden werden.
Solange man mehr Zeit zu Hause als im Ausland verbringt und das Handy im Heimland häufiger benutzt als im Roaming-Land, geht man von einer angemessenen Nutzung aus und es dürfen keine Roaming-Gebühren verrechnet werden. Eine einmalige Verbindung zum Heimnetz pro Tag ist ausreichend, um die Anwesenheit im Heimatland nachweisen zu können, auch wenn man am selben Tag in das EU-Ausland fährt. Somit gilt dieser Tag als Tag des Inlandsaufenthalts des Kunden.
Ich studiere in Österreich und benutze dort meine italienische SIM-Karte. Kann dies ein Verstoß gegen die Fair-Use-Klausel sein?
Sollte der italienische Mobilfunkbetreiber Hinweise auf missbräuchliche Nutzung feststellen (d. h. wenn nach mindestens vier Monaten eine überwiegende Auslandsnutzung des Handys vorliegt), kann er Sie kontaktieren und einen Nachweis verlangen, dass Sie zwar einen Wohnsitz in Italien haben, aber eine stabile Bindung zum Roaming-Land vorliegt, die eine häufige Anwesenheit in diesem Land vorsieht, wie ein Vollzeitbeschäftigungsverhältnis oder ein Vollzeitstudienkurs.
Wenn Sie dies nicht nachweisen können und ihre Handynutzung in den kommenden Wochen nicht anpassen, kann der Anbieter Roaming-Aufschläge verlangen.
Ich habe ein Paket mit unbegrenztem Datenvolumen. Kann ich dieses im EU-Ausland benutzen?
Bei sogenannten offenen Datenpaketen, die unlimitiertes Datenvolumen bzw. Datenvolumen zu einem besonders günstigen Preis vorsehen, kann der Mobilfunkanbieter nach Ausschöpfung eines bestimmten Volumens einen Roaming-Aufpreis verlangen. Den Verbrauchern muss mitgeteilt werden, ob eine solche Höchstgrenze besteht.
Bei Erreichung der Höchstgrenze müssen die Verbraucher dann informiert werden, dass ab diesem Zeitpunkt Aufschläge berechnet werden. Wer jedoch unbegrenzte SMS oder Anrufe hat, sollte diese nach Willen der EU auch im EU-Ausland unbegrenzt in Anspruch nehmen können.
Worauf muss ich vor einer Auslandsreise achten?
Man sollte vor der Reise ins Ausland kontrollieren, ob das Reiseziel Mitglied der EU ist. Die Abschaffung der Roaming-Gebühren gilt z.B. nicht für Reisen in die Türkei oder in die Schweiz (es sei denn, der eigene Anbieter bietet kostenloses Roaming für das jeweilige Reiseland an).
Auch bei Reisen per Flugzeug oder Schiff sollte man vorsichtig sein. Hier kann sich das Handy ab einer gewissen Entfernung zum EU-Festland nicht mit dem normalen Mobilfunknetz verbinden und stellt bei Bedarf eine Verbindung über Satellit her: Die Tarife sind nicht reguliert und daher können auch für wenige Gesprächsminuten sehr hohe Kosten entstehen.
Vor Reise sollte man außerdem kontrollieren, ob auf der eigenen Nummer vorgefertigte Leistungspakete für das Ausland aktiv sind, und diese gegebenenfalls deaktivieren.
Kann ich nun auch ohne zusätzliche Kosten von Zuhause ins Ausland telefonieren?
Nein. In diesem Fall liegt kein Roaming vor, da das eigene Handy mit dem eigenen Mobilfunknetz verbunden ist, dementsprechend ist die EU-Roaming-Verordnung nicht anwendbar. Preise für Anrufe und SMS ins Ausland sind nicht reguliert und daher können weiterhin erhöhte Kosten anfallen.
An wen kann ich mich wenden, wenn mein Anbieter gegen geltendes Recht verstößt?
Die nationalen Regulierungsbehörden werden eine wichtige Rolle einnehmen, da sie die korrekte Umsetzung der Verordnung kontrollieren müssen. In Italien ist die AGCOM (Autorità per le garanzie nelle comunicazioni) die zuständige Behörde, an die sich die Verbraucher im Falle von Beschwerden wenden können.
„Soweit zur theoretischen Lage. Es bleibt jedoch abzuwarten, welche praktischen Probleme nach Umsetzung auftreten werden: Wie werden die Mobilfunkbetreiber auf die Änderungen reagieren und bitten sie ihre Kunden unter Umständen doch noch zur Kasse?“, schreiben die Südtiroler Verbraucherschützer.
Diesbezüglich kritisieren Milena Favretto vom EVZ und Simone Romani von der VZS einige Aspekte dieser Verordnung. So könnte es wegen der teils komplizierten und unübersichtlichen Bestimmungen Spielraum für eine kreative Umsetzung vonseiten der Mobilfunkbetreiber geben.
Vor allem der Aspekt des Aufpreises bei Verstoß gegen die Fair-Use-Klausel könnte sich in der Praxis als Pferdefuß herausstellen. Auch die Befürchtung, dass die nationalen Tarife steigen werden, scheint nicht unbegründet zu sein, da eine Erhöhung der nationalen Tarife nicht Gegenstand der Verordnung ist und somit nicht dem Verwaltungsverfahren durch die jeweilige Regulierungsbehörde unterworfen ist.
„Bleibt zu hoffen, dass keine bösen Überraschungen auf die Verbraucher warten und dass horrend hohe Rechnungen durch Auslands-Roaming in der EU der Vergangenheit angehören.“
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Kommentare (5)
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saustall_kritiker
Der Anbieter „3“ hat hierzulande die neuen Roaming-Konditionen schon seit Anfang Mai, also einen Monat früher, umgesetzt. Hat man dort fürs Internet z.B. ein Paket von 5 oder 10 Giga im Monat, so gilt dieses seit mehr als einem Monat auch im EU-Ausland, nicht mehr nur in Italien. Zudem ist dort Roaming mit Tim und Wind in Italien ohne Zusatzkosten möglich. Hat man also Roaming aktiviert und es ist ein schlechter „3“- Empfang, so springt das Gerät ohne Zusatzkosten auf Wind oder Tim und im EU-Ausland auf einen Mobilfunkanbieter des jeweiligen Landes, z.B. D-Telekom in Deutschland bzw, „3“ in Österreich…. 🙂 . Habs getestet, funktioniert perfekt…. Die Tim wird wohl auf den letzten Tag warten mit der Umsetzung 🙁