6 Jahre für Ladurner?
Die Anklage beantragt sechs Jahre Haft für den Meraner Anwalt Thomas Ladurner wegen Unterschlagung, Übervorteilung und Falscherklärung. Heute folgt das Urteil zu diesem spektakulären Fall.
Von Thomas Vikoler
Als Leistungsschwimmer ist der Angeklagte an Strapazen einiges gewohnt. Thomas Ladurner durchschwamm vor einigen Jahren den Ärmelkanal. Nun sitzt er im Saal B des Bozner Landesgericht und muss sich anhören, welche Strafe die Anklage für ihn beantragt.
Sechs Jahre Haft. Ladurner zuckt sichtbar zusammen.
Es ist der Tag der Staatsanwaltschaft bei diesem Zwei-Tage-Finale eines Prozesses, der sich mittlerweile zwei Jahren hinzieht. Thomas Ladurner, während des Tatzeitraums Anwalt in der Meraner Kanzlei Thurin&Zeller und Präsident des SSV Meran, soll sich als Sachwalter einer 90-jährigen Frau und zweier ruhender Erbschaften der Unterschlagung, Übervorteilung und Falscherklärung schuldig gemacht haben.
Insgesamt sieben Punkte umfasst die Anklage, lediglich zu einem Punkt beantragt der Staatsanwalt einen Freispruch.
Im Zentrum der Anklage steht freilich jener Fall, in den auch eine ukrainische Haushälterin namens Olga Barisheva involviert war. Sie hatte Anzeige gegen Ladurner erstattet und die Ermittlung damit ins Rollen gebracht. Für die Staatsanwaltschaft ist Barisheva, die später einen gerichtlichen Vergleich abschloss, eine „kohärente und glaubwürdige“ Belastungszeugin.
Dies obwohl sie der von ihr betreuten Frau ein halbes Dutzend Testamente unterschreiben ließ, welche sie, Barisheva, als vornehmliche Begünstigte eines Geldvermögens von mehreren hunderttausend Euro auswiesen.
Am 4. Oktober 2011 unterzeichnete die 90-Jährige vor einem Meraner Notar ein öffentliches Testament – wieder mit Barisheva als Hauptbegünstigter. Auf dem Computer von Sachwalter Ladurner wurde eine Datei mit dem Testaments-Text gefunden. Für die Anklage ein Indiz dafür, dass der Anwalt seine Finger im Spiel hatte.
Hier glaubt die Staatsanwaltschaft vor allem der Aussage Barishevas, die habe mit Ladurner vereinbart, die ihr zugedachte Erbschaft aufzuteilen.
Zu diesem schweren Vorwurf – Übervorteilung einer wehrlosen Person – ist die Beweislage allerdings ziemlich dünn. Kurios ist, dass ein Meraner Hausarzt auch nach einem Beweissicherungsverfahren (im Gerichtssaal wird die Befragung der betagten Frau vorgeführt) behauptete, die 90-Jährige sei geistig voll zurechnungsfähig.
Anders die Angelegenheit mit dem monatlich 5.000 Euro, welche die betagte Frau monatlich für ihren Lebensunterhalt – inklusive des Gehalts für die „badante“ – ausgab. Ladurner, der die Ausgaben gegenüber dem Vormundschaftsrichter für rechtens erklärte, hat laut Anklage zwischen April 2010 und Dezember 2013 davon 114.000 Euro abgezweigt. Insgesamt sei die Bestimmung von 243.000 Euro nicht belegt.
Ladurner hatte nach seiner Verhaftung Schlampigkeiten bei der Abrechnung eingeräumt, aber stets bestritten, Geld der Frau eingesteckt zu haben. Tatsächlich gibt es – etwa auf seinem eigenen Konto – keinen buchhaltärischen Nachweis.
Das Anklagegerüst basiert im Wesentlichen auf den Aussagen von Olga Barisheva, die selbst gestanden hat, einen Teil des Haushaltsgeldes für ihre privaten Angaben herangezogen zu haben.
Für die Unterschlagung der 114.000 Euro beläuft sich der Strafantrag auf drei Jahre Haft, für die Übervorteilung kommt ein weiteres Jahr dazu. Die übrigen zwei Jahre Haft beziehen sich auf zwei ruhenden Erbschaften, an denen Sachwalter Ladurner sich ebenfalls bedient haben soll.
Am Dienstag hat Verteidiger Fabrizio Francia das Wort, dann folgt das Urteil des Richtersenats unter Vorsitz von Carlo Busato.
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