Das erste Bergsteigerdorf
Die Vorstellung von Matsch als erstem Südtiroler Bergsteigerdorf, große Kritik am Landschaftshunger, einige Fortschritte in den Bereichen Schutzhütten und Wege sowie die Sorge um die Finanzierung der Infrastrukturen des Alpenvereins waren die Schwerpunktthemen der Hauptversammlung des Alpenvereins Südtirol.
Zum 110. Mal hat der Alpenverein am Samstag zur Hauptversammlung geladen und zahlreiche Vertreter aus den Sektionen und Ortsstellen, aber auch Delegierte von Partnervereinen und aus der Politik waren der Einladung gefolgt. Auf der Tagesordnung standen neben dem Jahresrückblick und einigen Ehrungen auch Neuwahlen und – wie jedes Jahr – wichtige Grundsatzentscheidungen.
Wachsende Mitgliederzahl, steigende Versicherungsfälle
Alpenvereinspräsident Georg Simeoni und Geschäftsführer Gislar Sulzenbacher präsentierten einen Querschnitt aus den Alpenvereinstätigkeiten. Weiterhin positiv entwickelte sich im vergangenen Jahr die Mitgliederzahl des Alpenvereins, so Sulzenbacher: Und das, obwohl der Mitgliedsbeitrag aufgrund der in den letzten Jahren stark anwachsenden Anzahl an Schadensfällen im Bereich Versicherung erhöht werden musste. Zum Jahresabschluss 2016 zählte der Alpenverein knapp 67.000 Mitglieder, mit einem wachsenden Anteil an Frauen.
Baustelle Hütten, Wege und Kletterhallen
Die Hauptversammlung ist nicht nur ein guter Zeitpunkt um über Erfolge zu berichten, denn sie bietet auch die Möglichkeit für einen politischen Appell um jene Arbeitsfelder aufzuzeigen, wo man sich mehr Entgegenkommen wünscht. Die offenen Fragen betreffen vor allem die Hütten und Wege: Die Arbeiten auf den Landesschutzhütten schreiten wegen bürokratischer Hürden, so Simeoni, teilweise sehr langsam voran, und in der Wegethematik gäbe es trotz der neuen Vereinbarung immer noch eine Reihe offener Baustellen.
Positiv laufen laut Simeoni die Arbeiten an den alpenvereinseigenen Schutzhütten, als Probleme erweisen sich aber die großen Investitionen, die auf der Sesvennahütte und der Dreischusterhütte geplant sind. Genauso wie die Instandhaltung und die weitere Entwicklung der Kletteranlagen stellen sie den Alpenverein vor eine große finanzielle Herausforderung.
Kritik am Landschaftshunger
Ein Dauerthema, auch bei der diesjährigen Hauptversammlung, ist die Bewahrung der alpinen Landschaft. Die Auseinandersetzungen um die Erschließungsprojekte im Langtauferer Tal, im Schnalstal oder die geplante Skiverbindung Sexten-Sillian werfen ihre Schatten voraus. „Der unersättliche Landschaftshunger“, wurde bei der Hauptversammlung von AVS-Präsident Georg Simeoni unmissverständlich kritisiert, „Der Alpenverein werde dabei gerne in die Rolle des Verhinderers bzw. der Wirtschaftsbremse gedrängt, dabei ist es ein erklärtes Ziel des Alpenvereins sich als Anwalt der Natur zu betätigen.“
Matsch wird erstes Bergsteigerdorf
Dass Alpenvereinsarbeit seit jeher positive Impulse für die Tourismuswirtschaft schafft, zeigen nicht nur die alpinen Infrastrukturen wie Hütten und Wege, sondern auch das Projekt Bergsteigerdörfer, das in Österreich und Deutschland bereits Fuß gefasst hat. Dörfer, die dieses Prädikat tragen dürfen, zeichnen sich durch eine unverfälschte alpine Natur und Landschaft, lebhafte Traditionen, viele Möglichkeiten zur Bewegung in den Bergen und durch eine Bevölkerung aus, die diese Philosophie mitträgt und lebt. In Bruneck wurde Matsch als erstes Südtiroler Projektdorf angekündigt; die Beitrittsfeier ist für 23. Juli geplant.
Impulsreferat: „Der schmale Grat zwischen alpinem Lebensraum und Wirtschaftsraum“
In die Kerbe eines qualitativ hochwertigen Tourismus schlug auch Gastredner Thomas Aichner in seinem Impulsreferat. Der passionierte Bergsteiger und nun Verantwortliche im Bereich Kommunikation in der IDM verwies auf die knappen Raumressourcen Südtirols, die eine Überschneidung von Lebens- und Wirtschaftsraum unvermeidbar macht und natürlich unweigerlich zur Frage führt: Wem gehört die Landschaft? Wann ist es „genug“ mit dem Tourismus? Dass Tourismus auch Probleme bringt, darf nicht geleugnet werden: Er bringt Verkehr, braucht Platz und dringt in jede Ecke des Landes vor. Andererseits ist der Tourismus ein Kernelement für Südtirols Wohlstand sowie für den kulturellen Reichtum. Aichner appellierte an die Verantwortung der einzelnen Entscheidungsträger und die Achtsamkeit in der öffentlichen Diskussion. Ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen und Wachstum ist wichtig, damit sich Südtirol weiterhin gut entwickeln kann und der hohe Lebensstandard für die nächste Generation gesichert bleibt.
Ehrungen und Wahlen
Die Hauptversammlung ist immer auch der Zeitpunkt jenen Personen, die sich besonders um den Verein verdient gemacht haben, Anerkennung zu zollen. Nach sieben Jahren wurde wieder eine Ehrenmitgliedschaft verliehen – der Geehrte: Othmar von Sternbach, der über 18 Jahre Vizepräsident des Alpenvereins war und im vergangenen Jahr abtrat, ist nun einer von sechs Ehrenmitgliedern des Alpenvereins. Ausgezeichnet wurden auch die Sektionen Bruneck für den größten Mitgliederzuwachs insgesamt, St. Pauls für den größten Mitgliederzuwachs unter 25 Jahren und Franz Josef Pircher für 20 Jahre Vereinsleitung der Ortsstelle Algund. Die Sektionen Drei Zinnen und Hochpustertal erhielten einen Preis zu ihrem 60-jährigen Bestehen, die Sektion Latsch zum 20-jährigen und die Sektion Ladinia für die 2016 erfolgte Neugründung. Die Neuwahlen bestätigten die Vizepräsidentin und Referatsleiterin für Kommunikation Ingrid Beikircher und die beiden Bezirksvertreter für das Vinschgau und das Eisacktal Albert Platter und Helmuth Dorfmann für weitere drei Jahre im Amt.
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