Die Schuld des Auftraggebers
Ein Arbeiter stürzte 2012 in Taisten von einem Dach, er ist heute querschnittgelähmt. Nun wurde am Landesgericht der Arbeitgeber wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Auch der Auftraggeber, der dem Arbeiter ebenfalls Anweisungen gegeben hatte.
von Thomas Vikoler
Es ist einer der seltenen Prozesse zu einem Arbeitsunfall, in dem die Unfall- und Tatdynamik eindeutig rekonstruiert werden konnte. Diesmal insbesondere aufgrund der Aussagen des Opfers, mit denen auch der Auftraggeber der Arbeiten mit belastet wurde.
Bei dem Opfer handelt es sich um einen 31-jährigen Mann aus Winnebach in der Gemeinde Innichen, der damals als Zimmerer arbeitete. Infolge des schweren Arbeitsunfalls, der sich am 20. September 2012 ereignete, sitzt er im Rollstuhl. Querschnittgelähmt.
Der ehemalige Zimmerer wurde im Strafverfahren gegen seinen früheren Arbeitgeber, M.S. aus Welsberg, sowie E.P., ebenfalls aus Welsberg, dem Miteigentümer des Gebäudes, in dem sich der Arbeitsunfall ereignete, angehört.
„Wir haben eine Blechpanele ausgewechselt, weil das Dach undicht war. Wir haben sie ausgewechselt und verschraubt“, berichtete der Arbeiter im Zeugenstand, „vom Unfall selbst weiß ich nichts mehr“.
Das besondere Interesse der Prozessparteien galt der Frage, wer dem Zimmerer den Auftrag erteilte, zusammen mit einem zweiten Arbeiter (dem Neffen von E.P.) die Blechpanele auszuwechseln. Diese befand sich nämlich an der Dachkante einer Betriebshalle einer Holzfirma in acht Metern Höhe. Von dort stürzte der heute Querschnittgelähmte in die Tiefe und erlitt ein Polytrauma.
Vor Gericht sagte er Folgendes: Den Auftrag habe ihm am Vormittag sein Arbeitgeber, M.S., Inhaber eines Zimmerereibetriebes, gegeben. Doch nicht allein dieser: Am Nachmittag, vor dem fatalen Sturz, habe auch E.P., der Vizepräsident der Firma, der die Betriebshalle gehört, Anweisungen gegeben.
„Die Anweisungen kamen von beiden“, erklärte der Zeuge, der sich als Zivilpartei in das Strafverfahren eingelassen hat.
Das Problem dabei aus strafrechtlicher Sicht: Bei dem Arbeitseinsatz am Dach in acht Metern Höhe wurden jegliche Bestimmungen zur Arbeitssicherheit verletzt, wie es in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft heißt. Die beiden Arbeiter waren in keiner Weise vor Abstürzen geschützt, weder durch ein Seil noch die nötigen Sturzzäune.
Aus diesem Grund hat die Bozner Einzelrichterin Carla Scheitle am Donnerstag sowohl den Arbeitgeber als auch den Auftraggeber zu Haftstrafen auf Bewährung wegen erschwerter fahrlässiger Körperverletzung verurteilt. Die Anklage hatte jeweils ein Jahr und sechs Monate Haft beantragt, Richterin Scheidle sieht aber unterschiedliche Verantwortlichkeiten: M.S., 47, der Arbeitgeber wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt, E.P., 53, zu einem Jahr und sechs Monaten Haft.
Ebenfalls als Zivilpartei in das Strafverfahren eingelassen hat sich das INAIL, das dem abgestürzten Arbeiter im Rollstuhl eine Rente zahlt. Die Höhe des Schadenersatzes – auch für das Opfer – muss nun ein Zivilgericht festlegen.
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