Die Verhärteten
Gianni Amelio hat „La tenerezza“ nach Lorenzo Marones Roman „La tentazione di essere felice“ in Neapel gedreht.
Von Renate Mumelter
Lorenzo, ein melancholischer alter Mann, der raucht und raucht und raucht, steht im Mittelpunkt der Geschichte. Er war Rechtsanwalt und lässt niemanden an sich heran. Er hat sich einen emotionalen Schutzpanzer zugelegt, sicherheitshalber. Dasselbe haben seine Kinder getan, seine Geliebte auch und seine verstorbene Frau ebenso. Jeder lebt vor sich hin, glücklich ist niemand. Als Lorenzo neue Nachbarn bekommt, funktioniert das mit dem Panzer nicht mehr so ganz. Lorenzo ist gern bei Micaela, der jungen Frau, er redet mit Fabio, dem Familienvater und sitzt bei den Kindern. Bald aber stellt sich auf schreckliche Weise heraus, dass auch diese Familie gepanzert vor sich hinlebt, vor sich hingelebt hat.
Ein besondere Erwähnung verdient – wie immer eigentlich – Elio Germano, der den nicht Familienvater Fabio spielt, der dazu neigt, ab und zu die Übersicht zu verlieren. Interessant auch Renato Carpentieri, ein neapolitanischer Theatermann, als Lorenzo. Die Frauenrollen sind, wie so oft in Italien, mehr vom guten Aussehen bestimmt als vom In-der-Rolle-Sein.
Der Film ist in bräunliche Bilder getauchte Melancholie. Nicht einmal die an sich heitere und schöne Stadt Neapel kann diese Tristesse durchbrechen.
„Was uns der Autor mit dem Film sagen will“ erschließt sich nicht ganz. Stoff zum Grübeln über Verletzlichkeit und Härte bietet „La tenerezza“ allemal. Wer grad nicht so gut drauf ist, sollte sich nach etwas anderem umsehen.
„La tenerezza“ (I 2017), 103 Min., Regie: Gianni Amelio, mit Renato Carpentieri, Elio Germano, Giovanna Mezzogiorno, Micaela Ramazzotti, Greta Schacchi
Bewertung: Melancholie in Neapel
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