Nach dem Frost
Die kalten Aprilnächte haben Spuren hinterlassen: Im Weinbau könnten bis zu 30 Prozent der Gesamtfläche von Frostschäden betroffen sein – einige Anlagen müssen sogar mit einem Ernteausfall rechnen.
von Lisi Lang
Es waren Rekord-Frostnächte, die man so dramatisch und in einem derartigen Ausmaß in Südtirol noch nicht erlebt hat.
„Wir müssen von einem Jahrhundertfrost sprechen, in einem Ausmaß, wie wir ihn als Spätfrost noch nie hatten“, sagt Hansjörg Hafner, Bereichsleiter Weinbau im Südtiroler Beratungsring.
Niemand könne sich an Schäden oder Frostnächste in diesem Ausmaß erinnern – auch wenn die Schäden derzeit noch nicht genau quantifizierbar sind. „Rein von den Gebieten und Zonen, die vom Frost beschädigt wurden, können wir aber von einem noch nie dagewesenen Spätfrost sprechen“, erklärt Hafner.
Mittel gegen den Frost gibt es in Südtirol aber nur wenige:
In den meisten Gebieten fehlt die Oberkronenbewässerung, weil auch nicht genügend Wasser zur Verfügung steht. „Die Bewässerung, wie sie im Obstbau zur Verfügung steht, haben wir im Weinbau großteils nicht, weil die Infrastrukturen und oft auch das Wasser fehlen“, erklärt der Experte.
Kerzen, Feuerbehälter, Hubschrauber und Co. können zwar helfen, aber ihre Wirkung hängt von den Witterungsverhältnissen und auch von der Höhe der Minusgrade ab. „Bei uns in Südtirol gehören diese Methoden nicht zum Standard. Wenn man heute in die Champagne reist, wo jährlich mit Frostnächten zu rechnen ist, sind die Landwirte auch dementsprechend ausgerüstet“, so der Bereichsleiter des Beratungsringes.
In Südtirol sind Frostnächte wie heuer aber die „totale Ausnahme“ und daher waren viele Landwirte auch nicht richtig vorbereitet. „Von heute auf morgen kann man auch nicht sämtliche Methoden organisieren. Sollten derartige Situationen jetzt allerdings öfter vorkommen, muss man sicher auch bei uns andere Wege gehen“, so Hafner.
Wie zeigen sich die Frostschäden? Im März beginnen die Reben auszutreiben. Aktuell sieht man je nach Lage der Weinberge grüne Triebe mit einer Länge zwischen zehn und 50 Zentimeter. „Wenn diese Triebe zu kalt bekommen, werden sie entweder komplett braun und sterben ab oder beginnen von der Spitze weg braun zu werden“, erläutert Hafner.
Die Rebe an sich wird vom Frost nicht beschädigt. „Jetzt treiben sogenannte Beiaugen aus, das sind Triebe, die meist aber nur eine sehr kleine Traube oder gar keine Trauben tragen“, so Hansjörg Hafner. Sprich: betroffene Weinflächen müssen sehr wohl mit einem Ernteausfall für die heurige Saison rechnen, denn oft bleiben den Weinbauern nur knapp 20 Prozent einer normalen Ernte.
Wie viele Anlagen in Südtirol insgesamt mit Frostschäden rechnen müssen, muss noch genau abgeklärt werden. „Das hängt zum einen von der Schadensintensität, aber auch von der Lage der Anlage ab“, erklärt Hafner.
Heinrich Huber, Direktor des Südtiroler Hagelkonsortiums, kann die Schäden derzeit ebenfalls nur schwer abschätzen: „In betroffenen Gebieten muss man aber von Schäden von 50 bis 100 Prozent sprechen – also von einem kompletten Ernteausfall.“ Insgesamt geht der Direktor derzeit von 20 bis 30 Prozent an betroffenen Flächen mit verschiedener Schadenintensität aus. „20 bis 30 Prozent der Gesamtfläche im Weinbau sind betroffen. Der Schaden bei betroffenen Anlagen liegt zwischen 40 und 100 Prozent“, fasst der Direktor des Hagelschutzkonsortiums noch einmal zusammen.
Versichert sind aber nur wenige Bauern in Südtirol gegen Frostschäden: „Im Weinbau ist man gegen Frostschäden meist nur sehr schwach versichert, obwohl man sagen muss, dass sich noch nie so viele Landwirte wie heuer gegen Frostschäden versichert waren“, erklärt Huber.
Insgesamt werden in Südtirol zwei Drittel des Weinbaus gegen Frost- und Hagelschäden versichert. Zählt man allerdings nur jene Betriebe, die sich gegen Frostschäden im Weinbau versichern, kommt man auf maximal 10 bis 15 Prozent der gesamten Weinbaufläche. „In der Regeln gibt es im Weinbau nicht viele frostgefährdete Jahre oder Lagen – so etwas wie heuer ist keine normale Situation“, weiß auch Heinrich Huber.
Dies habe einerseits mit der frühen Vegetation und zudem mit den starken Frostnächten zu tun. Dass sich heuer mehr Bauern gegen Frostschäden auch im Weinbau versichert haben, hat auch mit den Schäden im Vorjahr zu tun.
„Im Vorjahr gab es im Meraner Raum und im Eisacktal in einigen Gebieten Frostschäden, aber nur in geringerem Ausmaß, daher haben heuer mehr Landwirte eine Versicherung abgeschlossen“, so Heinrich Hafner. Auch aufgrund der frühen Vegetation hätten mehr Landwirte eine Versicherung abgeschlossen. Zudem seien sei es höhere Lagen, wie auch niedere Lagen oder Mulden von Frostschäden betroffen.
Hauptsächlich hängt die Stärke der Schäden mit dem Vegetationsstand zusammen. Mit den Sorten an sich gibt es daher höchstens indirekte Zusammenhänge, da einige Sorten früher austreiben und daher anfälliger sind als andere.
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