Das Waffenpass-Urteil
Vielen Südtiroler Jägern wird seit 2014 der Waffenpass plötzlich nicht mehr verlängert, weil sie in jungen Jahren eine Straftat begangen hatten. Jetzt hat das Verwaltungsgericht einem Jäger Recht gegeben. „Ein wichtiges Urteil“, sagt der Jagdverband.
von Heinrich Schwarz
Ungefähr 70 Südtiroler Jäger dürften es sein, denen zuletzt der Waffenpass auf einmal nicht mehr verlängert wurde. Der Grund: Der Staatsrat hatte sich im Jahr 2014 in einem Gutachten dafür ausgesprochen, dass das italienische Sicherheitsgesetz von 1931 restriktiv ausgelegt werden muss. Soll heißen: Wer in seiner Vergangenheit eine Straftat beging, die mit einer Verurteilung und Haftstrafe geahndet wurde, verliert seinen Waffenpass. Die Quästoren müssen sich an diese Vorgabe halten.
Dieser Umstand hat hierzulande zu den kuriosesten Fällen geführt. „Fälle, die geradezu absurd anmuten“, heißt es vom Südtiroler Jagdverband.
Er zählt auf: „Einem Jäger wurde die Verlängerung des Waffenpasses verweigert, weil er vor langer Zeit eine Tanne gefällt hatte, um sie als Christbaum zu verwenden. Zwei Jägern wurde ihr Jagddokument nicht verlängert, weil sie vor mehr als 30 Jahren wegen Diebstahls von elektrischer Energie verurteilt wurden. Aber auch wer ein Taschenmesser außerhalb der Jagdausübung bei sich trug und daher wegen unerlaubten Waffentragens angezeigt und verurteilt wurde, erhält seit 2014 keinen Waffenpass mehr.“
Viele betroffene Jäger haben Rekurs beim Verwaltungsgericht eingelegt, längst aber nicht alle: „So ein Rechtsstreit ist finanziell recht kostspielig. Und häufig handelt es sich um ältere Personen, die zwar noch gern auf die Jagd gehen würden, sich aber denken, dass sich ein langes Gerichtsverfahren nicht mehr auszahlt“, so Benedikt Terzer, Rechtsexperte beim Jagdverband.
Für die Rekurssteller gibt es jetzt aber Hoffnung: Das Verwaltungsgericht Bozen hat ein erstes Urteil in der Waffenpass-Angelegenheit gefällt – und dabei dem Jäger Recht gegeben.
Konkret geht es um einen Südtiroler Jäger, der den Waffenpass über 40 Jahre lang besaß und bei der Verlängerung niemals Probleme hatte. Im Sommer 2016 wurde ihm dann die Verlängerung verweigert. Die Begründung: Der Mann war vor mehr als vier Jahrzehnten wegen leichter Körperverletzung zu einer Haftstrafe von zwei Monaten und 20 Tagen verurteilt worden.
Mithilfe seines Rechtsanwaltes Alfred Mulser hat der Jäger nun beim Verwaltungsgericht erwirkt, dass der Waffenpass doch verlängert werden muss. Die Verweigerung sei nicht rechtmäßig, so das Richterkollegium.
„Das Urteil ist ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg zu einer verfassungskonformen Auslegung des Artikels 43 des Sicherheitsgesetzes“, ist man beim Jagdverband erfreut.
Benedikt Terzer erklärt die Hintergründe des Urteils: „Der Anwalt hat unter anderem aktuelle Urteile des Staatsrates und des Verwaltungsgerichtes Trient vorgebracht. Demnach muss es bestimmte Ausnahmen geben. So etwa, falls die Haftstrafe, zu der man verurteilt worden ist, per Gesetz in eine Geldstrafe umgewandelt worden ist. Das trifft im konkreten Fall aufgrund eines Gesetzes von 1981 zu. Eine andere Ausnahme wären geringfügige Straftaten.“
In Trient habe es bereits mehrere Urteile zugunsten der Jäger gegeben. In einem Fall ging es um einen Jäger, der im Jahr 1961 als damals 18-Jähriger mit dem Gewehr seines Vaters erwischt und wegen unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Haftstrafe von wenigen Tagen verurteilt worden war.
Benedikt Terzer spricht von rund zehn Fällen in Südtirol, bei denen in den nächsten Monaten mit einem Urteil des Bozner Verwaltungsgerichtes zu rechnen ist. Die Chancen für die betroffenen Jäger stehen gut. Allerdings gibt es in Italien nun widersprüchliche Rechtsauslegungen. Je nach Gericht und Richter kann alles passieren.
„Es gibt derzeit in der Tat keine Rechtssicherheit – die Urteile haben nur für den jeweiligen Einzelfall Wirkung“, so Terzer. Im Staatsrat, dem obersten Verwaltungsgericht, sei das Thema unter den Richtern sehr umstritten. „Die sinnvollste Lösung wäre, wenn das Verfassungsgericht hinzugezogen wird und ein Urteil fällt. Das würde einen Haufen Arbeit ersparen“, meint der Rechtsexperte.
Für den Jagdverband ist die restriktive Auslegung des Sicherheitsgesetzes von 1931 jedenfalls verfassungswidrig.
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