Der Obstbauer und die Nachbarn
Der Hochbetrieb in den Südtiroler Obstgärten ist zurückgekehrt. Das kann zu Auseinandersetzungen mit den Nachbarn führen. Über die Problematiken und Lösungen.
Mit der Apfelblüte ist der Hochbetrieb in die Südtiroler Obstgärten zurückgekehrt. Damit beginnt auch wieder jene Zeit, in der die nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen Bauern und ihrer Umgebung besonders sensibel betrachtet werden. Katharina Martini vom Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau kennt die Problematiken allzu gut – und auch eine ganze Reihe von Beispielen, die zeigen, wie es gut funktioniert.
Nachbarschaftliche Beziehungen sind ja nie ganz einfach – ganz egal, wo diese stattfinden. So haben auch die Südtiroler Obstbauern eine ganze Reihe von Nachbarn zu ihren Wiesen: Anrainer, Hotel- oder Gastbetriebe, öffentliche Einrichtungen wie Kindergärten oder Schulen, landwirtschaftliche Betriebe mit anderen Kulturen oder Anbauweisen, aber auch Passanten wie Spaziergänger oder Radfahrer gehören dazu.
„Die Nachbarschaft zu Obstanlagen ist vor allem wegen der Arbeitsvorgänge zum Pflanzenschutz besonders sensibel und darum auch genau geregelt. Doch wer zusätzlich zu den Regeln noch den gesunden Hausverstand einsetzt und die Beziehungen aktiv pflegt, ist besonders erfolgreich“, weiß Katharina Martini.
Katharina Martini ist Mitarbeiterin beim Südtiroler Beratungsring für Obst- und Weinbau und sie hat die nachbarschaftlichen Themen gut beobachtet. Unter anderem hat sie eine Reihe gelungener Beispiele im Beratungsring-Magazin Obstbau*Weinbau beschrieben. Und zum guten Gelingen brauche es gar nicht viel, so Martini: „Am wichtigsten ist es, wenn die Leute miteinander reden. Denn dann wissen sie, wie der andere denkt, was ihm wichtig ist und welche seine Sorgen sind – und man kann sich aufeinander einstellen.“
Technische Lösungen, ergänzt um zwischenmenschliche Beziehungen
Diese Erkenntnis mag wenig überraschend sein – „aber für viele Bauern war es doch irgendwie neu, als sie damit begannen, gezielt das Gespräch mit ihren Nachbarn zu suchen“, sagt Martini. Und dies gelingt in jeder Situation, die sie beobachtet hat. Etwa da, wo in St. Jakob/Leifers ein Kindergarten direkt an die Obstgärten angrenzt. Hier fanden der Bauer und die Kindergärtnerinnen längst zusammen, noch bevor entsprechende Gesetze die Spielregeln definierten.
Martini: „Für die Kinder werden der Bauernhof und die Obstanlagen als zusätzliche Attraktivität genutzt und der Bauer versucht den Kindern seine Arbeit verständlich näher zu bringen.“ Pflanzenschutzmaßnahmen werden grundsätzlich nur frühmorgens vor 07.00 bzw. abends nach 19.00 Uhr getroffen, zudem helfen Abstandsmarkierungen, moderne Injektor-Düsen und andere Maßnahmen, den Kindergarten vor Abdrift zu schützen.
Ähnliches berichten ein Montaner Hotelier, der seine Gäste zwischen Obstanlagen beherbergt, und die Leitung des Jesuheimes in Girlan, dessen Gärten ebenfalls an Obst- und Weinanlagen angrenzen. Laut Martini war auch hier der Aufbau einer konstanten Gesprächsbasis das Um und Auf für ein freundliches und vor allem konfliktfreies Nebeneinander.
„Technische Maßnahmen zur Abdriftverringerung sind wichtig. Aber noch wirkungsvoller ist es, wenn der Bauer über seine Arbeit informiert“, sagt Martini. So können etwa die Autos der Urlaubsgäste, die angrenzend zur Obstanlage abgestellt wurden, frühzeitig umgeparkt werden und so beim Ausbringen vom Pflanzenschutzmitteln nicht verunreinigt werden.
Die Menschen rechtzeitig informieren
Auch Anrainer, die gerade die Wäsche im Freien trocknen sind dankbar um rechtzeitige Information. In Salurn etwa haben die Bauern sich so organisiert, dass die Anwohner vor den Sprüharbeiten vorab per SMS informiert werden. Dazu trafen sich im Vorfeld die Bauern untereinander, später auch mit den Anrainern, um die gegenseitigen Anforderungen auszuloten und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln.
Martini hat auch die Zusammenarbeit eines Bauern mit dem Imker in Schabs hinterfragt. „Der Bauer braucht den Imker bzw. seine Bienen, damit die Blüten gut befruchtet werden. Daher liegt es im ureigensten Interesse des Bauern, auf die Bienen Rücksicht zu nehmen“, so Martini.
Ähnliches gelte für die Nachbarschaft zwischen integriert und biologisch produzierenden Bauern, wie Martini von einer Situation in Kastelbell berichtet. Abstände, Windverhältnisse, neue, abdriftarme Technik seien hier die Lösung, Vorsicht und Rücksichtnahme das Zauberwort.
Gesetzliche Regelungen, freiwillige Verpflichtungen
Für die verschiedenen Nachbarschaften gibt es auch eine ganze Reihe von Regelungen: Die gesetzliche Abstands- und Arbeitszeitenregelung in den Landesleitlinien zum Obstanbau, die genau festschreiben, wie eine Obstanlage und die Arbeit des Bauern in Nachbarschaft beispielsweise zu öffentlichen Einrichtungen angelegt sein müssen. Oder das (freiwillige) Abkommen zum Bienenschutz. Oder auch das Abkommen zur Nachbarschaft zwischen integriert und biologisch arbeitenden Bauern.
Ähnliche Artikel
Kommentar abgeben
Du musst dich EINLOGGEN um einen Kommentar abzugeben.