Der Radio-Deal
Das Land hat die beliebte Aktion „Fahrradhelme für Grundschüler“ wegen angeblichen Geldmangels auslaufen lassen. Für Werbespots auf Südtirol 1 im Gegenwert von 15.000 Euro war Geld vorhanden. Jetzt gibt es ein politisches Nachspiel.
von Artur Oberhofer
Peter Höllrigl gab sich bei der Vorstellung der Kampagne im Jahr 2010 ganz euphorisch: „Die Aktion“, so schwärmte der Schulamtsleiter, „ist eine Lebensversicherung für unsere Kinder.“
Um was geht es?
Das Land startete 2010 die „Aktion Fahrradhelm“, eine Sensibilisierungskampagne für Grundschüler.
Im Zuge dieser (überaus beliebten) Kampagne wurden jedes Jahr mehrere tausend vergünstigte Fahrradhelme an Grundschulkinder abgegeben. Im Jahr 2013 waren es 2.865 Fahrradhelme gewesen. Mit Mitteln aus Rom und Bozen finanzierten die zuständigen Ämter diese Aktion zugunsten der Drittklässler.
Die Aktion kostete „nur“ zwischen 15.000 und 20.000 Euro pro Jahr.
Andere vergleichbare Kampagnen wie die Motorradkampagne „no credit“ oder die Sensibilisierungskampagne „SOS Zebra“ kosteten viel mehr: 80.000 bzw. 40.000 Euro.
Im Schuljahr 2015/16 wurde die „Aktion Fahrradhelm“ völlig überraschend ausgesetzt.
In Beantwortung einer Anfrage von Andreas Pöder (BürgerUnion) schrieb Landesrat Philipp Achammer im Herbst 2015:
„Die Helmaktion an den Schulen startete im Jahr 2010. Seitdem wurde sie – mit einer Ausnahme im Jahre 2014, als die Schulämter die Finanzierung übernommen hatten – vom Ressort Mobilität finanziert. Heuer war es weder diesem noch den Schulämtern möglich, die Kosten zu übernehmen. Nach einer anderweitigen Finanzierung wurde zwar gesucht, aber es konnte kein Sponsor gefunden werden. Daher wird die Helmaktion aufgrund mangelnder Ressourcen im Schuljahr 2015/16 nicht stattfinden.“
Achammer betonte allerdings, er sei „von der Sinnhaftigkeit der Aktion überzeugt“.
Und er kündigte an, er wolle sich „unter Berücksichtigung der finanziellen Ressourcen bemühen, die Aktion fortzuführen bzw. andere Formen der Verkehrserziehung zu unterstützen“.
Was der Landesrat nicht wusste oder nicht sagte: In einer der Schubladen der Landesverwaltung lag zu dem Zeitpunkt bereits das Konzept für eine neue Aktion – die Aktion „Sicherheit am Schulweg“.
Und siehe da: Plötzlich war das nötig Kleingeld wieder da.
Allerdings profitierten von der neuen Aktion nicht die Grundschulkinder, sondern der Athesia-nahe Radiosender Südtirol 1.
Das Land kaufte grelle Kinder-Warnwesten ein, aber der Großteil der Gelder floss für Radiospots an Südtirol 1 bzw. RMI.
Die Optik ist schief: Denn die so beliebte Fahrradhelm-Kampagne wurde gekillt, weil angeblich keine finanziellen Mittel verfügbar waren. Für die Werbespots auf dem Privatsender Südtirol 1 gab das Land 15.250 Euro aus – genauso viel hätte die Fahrradhelm-Kampagne gekostet.
Andreas Pöder formuliert es so: „Achammer wollte lieber die Radiospots finanzieren und hat dafür den Schülern eins auf den Helm gegeben.“
Der Sender Südtirol 1 steht seit jeher in der Gunst der SVP ganz oben.
Der finanziell vom Athesia-Konzern kontrollierte Sender bekommt seit jeher den Großteil der öffentlichen Förderungen – in den Jahren 2014 und 2015 waren es über 300.000 Euro an Landesgeldern.
Jetzt kommt außerdem heraus: Bei der Vergabe des 15.000 Euro-Auftrages an Südtirol 1 bzw. RMI ist es zu Unregelmäßigkeiten gekommen, die auf politischer Ebene noch für Zündstoff sorgen könnten.
Der Hintergrund: Der Südtirol Landtag muss nächste Woche den Landesgesetzentwurf „Außeretatmäßige Verbindlichkeiten“ beschließen. Darin enthalten sind auch jene 15.250 Euro für die Radiowerbung „Sicherheit auf dem Schulweg“ auf Südtirol 1 (bzw. RMI).
Dass es jetzt nachträglich zu einer außeretatmäßigen Zuweisung kommt, interpretiert Andras Pöder so: „Offenbar wurde die Zuweisung im Jahr 2015 von der Landesregierung überstürzt beschlossen, weil vielleicht jemand mal schnell Geld gebraucht hat.“
In der Begründung für die außeretatmäßige Zuweisung, die nächste Woche im Landtag erfolgen soll, ist – in bestem Beamten-Kauderwelsch – von einer „nicht korrekten Anwendung der rechtlichen und buchhalterischen Bestimmungen“ sowie vom „Ausschluss einer Haftung“ die Rede.
„Die ganze Zahlungsstory ist offenbar nicht ganz sauber gelaufen“, vermutet Andreas Pöder.
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