„Villa Räuber“
Ein Mann aus Steinhaus wird am Landesgericht zu vier Monaten Haft und 5.000 Euro Schadenersatz verurteilt, weil er seinen Nachbarn als „Räuber“ bezeichnete. Auf eigens angefertigten Hinweisschildern.
Von Thomas Vikoler
In Zeiten von Facebook und Twitter können verleumderische Botschaften wesentlich schneller auf den Weg gebracht werden. Der Mann aus Steinhaus im Ahrntal ist mit seinem stattlichen Alter von 85 Jahren freilich andere Formen Kommunikation gewohnt. Wesentlich aufwändigere.
In Steinhaus im Ahrntal tauchten im September 2013 mehrere Hinweisschilder in Holz auf. Darauf stand in blauen Lettern auf ausgestanztem Grund die Aufschrift: „Villa Räuber“.
Die über Nacht aufgestellten Wegweiser zeigen deutlich in Richtung eines neu erbauten zweistöckigen Hauses. Dort wohnt ein 53-jähriger Mann, der sich durch die Hinweisschilder verleumdet fühlte. Er spricht von einer „moralischen und psychologischen“ Belastung, welche die Holzschilder bei ihm und seiner Familie ausgelöst hätten.
Er erstattete am 6. Oktober 2013 bei den örtlichen Carabinieri Strafanzeige gegen einen Mann, den er gut kannte: Peter Enz, 85, sein Nachbar. Dieser habe ihm gegenüber gestanden, so gab der Anzeigeerstatter zu Protokoll, die Hinweisschilder mit blauer Schrift aufgestellt zu haben.
Die Überprüfung der Anzeige durch die Carabinieri brachte dasselbe Ergebnis: Die Schilder hatte der Tatverdächtige aufgestellt, offensichtlich auf einen Tatbestand hinzuweisen, den er als ungerecht empfand. Es geht um das Grundstück für den Hausbau, das von einem Rechtsstreit betroffen war. Laut einer weiteren handbeschriebenen Holztafel, die ebenfalls zu den Beweismitteln im Strafverfahren gegen Peter Enz gehört, gehörte das Grundstück früher einmal einer anderen Person. Ein „Niemandsgrundstück“, wie es auf der Holztafel bezeichnet wird. Der Nachbar wird indirekt beschuldigt, einen „Grundraub“ begangen zu haben, der „drei Personen“ betreffe.
Auf jedem Fall kommt die Schild-Aktion seinem mutmaßlichen Autor nun teuer zu stehen. Enz, der die Tat nicht abstreitet, wurde nun am Landesgericht Bozen zu einer Haftstrafe von vier Monaten auf Bewährung wegen Verleumdung verurteilt. Dazu muss er der Zivilpartei, dem beleidigten Nachbarn, umgehend 5.000 Euro Schadenersatz zahlen. Außerdem dessen Anwaltsspesen in Höhe von 2.000 Euro übernehmen. Der Schuldspruch ist bisher nicht rechtskräftig.
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