Der Brückenbauer
Dieter Knoll hat im Sport das erreicht, was der Politik noch nicht gelungen ist: Mit dem HCB Südtirol hat er eine erfolgreiche Marke geschaffen, die in Südtirol immer tiefer verwurzelt ist – und mit der sich Deutsche und Italiener gleichermaßen identifizieren.
TAGESZEITUNG Online: Herr Knoll, der HCB Südtirol ist im Halbfinale ausgeschieden. Dennoch, die Zuschauerzahlen können sich sehen lassen. Sind Sie zufrieden?
Dieter Knoll: Ja. Seit wir in der Ebel spielen, haben wir bei den Zuschauerzahlen jedes Jahr um 10 bis 15 Prozent zulegen können. Das bedeutet: Die Identifikation mit dem HCB geht quer durch Südtirol. Wir haben Zuschauer aus dem ganzen Land, von Sterzing bis Salurn, von Innichen bis in den obersten Vinschgau.
Wie erklären Sie sich dieses Phänomen?
Es war meine sportliche Entscheidung, einheimische Spieler aus allen Landesteilen in die Mannschaft zu integrieren: Wir haben Hannes Oberdörfer, einen Vinschger, Daniel Frank ist ein Meraner, Markus Gander aus Sterzing, Alex Egger aus Bozen, den Grödner Marco Insan, dann mit Daniel Glira aus Bruneck erstmals einen Pusterer, und den Kalterer Anton Bernhard. Außerdem habe ich mit Michele Marchetti erstmals einen Spieler aus dem Fassatal zu uns geholt. Heuer sind auch Zuschauer aus Fassa in die Eiswelle gekommen.
Einheimische Spieler aus allen Landesteilen: das ist das Erfolgsrezept?
Ja, sicher auch. Dazu kommt, dass wir in der fünft- oder sechstbesten Liga in Europa spielen. Wenn jemand in Südtirol ein gutes und schnelles Eishockey-Spiel sehen will, dann geht er sich in Bozen ein Spiel anschauen.
Sie klingen fast euphorisch …
Ich würde sagen, der Produktmix stimmt. Wir haben die Ebel einmal gewonnen, waren drei Mal im Viertelfinale und einmal im Halbfinale. Wir sind in der Ebel eine Realität, obwohl wir im Vergleich zu Salzburg oder Wien ein sehr bescheidenes Budget haben. Ich sage immer: Wir sind im Hockey das, was Chievo im Fußball ist.
Das Budget beim HCB Südtirol beträgt?
Um die 2,2 Millionen Euro.
Es ist ein offenes Geheimnis, dass Sie die Löcher beim HCB mit Geld aus ihrer privaten Tasche stopfen. Schreiben Sie heuer schwarze Zahlen?
Nein, wir gehen noch nicht ganz pari aus, aber wir sind auf dem besten Weg dazu. Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben geht immer weniger weit auseinander. In zwei, drei Jahren dürften wir schwarze Zahlen schreiben.
Sie klingen zuversichtlich?
Ja, auch weil heuer einige neue Sponsoren dazugekommen sind. Und heuer war es das erste Mal so, dass mich Leute herwärts angerufen und gesagt haben, sie möchte bei mir etwas tun. Das ist schon ein sehr positives Zeichen. Und die Spieler sind trotz der Niederlage im vierten Spiel mit Standing Ovations gefeiert worden. Da ist nicht normal, wenn du verlierst.
Neu war heuer das Konzept mit der VIP-Lounge …
Das hat voll eingeschlagen! Es waren sehr viele Unternehmer und Freiberufler aus dem ganzen Land im Clubhaus. Die Alperia hat viele Großkunden eingeladen. Es ist so, wie wenn man Freunde oder Kunden zu einem Konzert einlädt. Die Gäste sind gerne gekommen, es waren hochkarätige Persönlichkeiten in der VIP-Lounge, sie habe sich unterhalten und ein gutes Spiel gesehen.
Hockeyschauen als Gesellschaftsereignis?
Richtig. So ist es!
Und sportlich?
Wir haben gegen die beste Mannschaft verloren. Hut ab, die Caps stehen verdient im Finale. Wobei: wenn bei uns nicht die beiden wichtigsten Stürmer – Reid und Palmieri – gefehlt hätten, würde es jetzt 2 zu 2 stehen. Nichtsdestotrotz: Wir haben auf Augenhöhe mit den Wienern gespielt, es haben Kleinigkeiten entschieden. Wir sind erhobenen Hauptes vom Eis gegangen. Es war eine gute Saison.
Wie haben Sie als Chef beim HCB sich mit 7.000 Zuschauern in der Eiswelle gefühlt?
Das ist das Maximum! 7.000 Leute im Stadion zu sehen, das ist die schönste Anerkennung für deine Arbeit. Ein volles Haus und das positive Feedback der Sponsoren – es gibt nichts Schöneres.
Der HCB füllt die Eiswelle, der FC Südtirol spielt vor 400 zahlenden Zuschauern. Haben Sie eine Erklärung?
Eishockey ist in Südtirol sehr verwurzelt. Uns gibt es seit 1933. Wir waren 19 Mal italienischer Meister. Außerdem gibt es weniger Hockey- als Fußballmannschaften. Ich denke, bei uns war die Namenwahl wichtig, als der Zusatz HCB Südtirol …
Auch der FCS trägt Südtirol im Namen …
Aus jedem Landesteil einen guten Spieler im Kader zu haben, so wie das bei uns der Fall ist, ist sicher ein wichtiger Identifikationsfaktor. Vielleicht gibt es diese guten einheimischen Spieler im Fußball nicht. Außerdem gibt es im Fußball das Problem, dass der FCS irgendwie keine richtige Heimstätte hat. Für die Italiener ist es der Club aus Milland, für die Deutschen ist der Club zu boznerisch, zu italienisch. Bei uns gibt es diese ethnische Trennung nicht mehr …
Das Ethnische ist überwunden?
Ja, schon seit mehreren Jahren. Bevor wir uns in die Ebel eingeschrieben haben, habe ich die italienischen Fans gefragt, was sie dazu sagen, wenn wir in einer internationalen Liga mit Clubs aus Wien oder Salzburg spielen. Sie haben geantwortet: Knoll, machen Sie, was Sie wollen, wir wollen nur spektakuläres Eishockey sehen. Heute haben wir in der Ebel die stärkste Fangruppe, die zu den Auswärtsspielen fährt. Da sind Italiener wie Deutsche dabei. Die Italiener schwenken die weiß-rote Fahne. Die Fans haben verstanden: Sport ist Sport, Politik ist Politik.
Sie haben faktisch eine Schicksalsgemeinschaft geformt?
(lacht) So kann man es auch sagen.
Der FCS ist inzwischen eine Marke, mit der sich Italiener und Deutsche gleichermaßen identifizieren?
Ja, das Zusammenleben zwischen Deutschen und Italienern ist bei uns vorbildlich. Wir sind eine Marke, mit der man sich im ganzen Land identifizieren kann.
Plus hat der HCB im Vergleich zum FCS ein Super-Stadion …
Die großes Frage ist jetzt, ob die vom FCS imstande sind, das neue Stadion zu füllen. Ich weiß es nicht.
Sie machen weiter?
Ich bin in einer Phase der Reflexion. Ich bin ein bisserl müde und stuff. Ich bin nicht enttäuscht, aber die Aufgabe ist mit einem hohen Kraft- und Energieaufwand verbunden. Für Außenstehende mag das Ganze ganz leicht ausschauen. Aber es geht um viele Kleinigkeiten. Wir haben jetzt zwar zwei fixe Mitarbeiter …
Aber Sie sind als Geschäftsführer und Sportdirektor der Mann für die Finanzen und der Architekt der Mannschaft …
Das ist richtig. Ich würde lieber nur den Sportdirektor machen …
In diesem Bereich gelten Sie als Genie …
Diese Arbeit macht mir auch am meisten Spaß. Aber ich mache 90 Prozent der Sponsorenkontakte selber. Ich würde mich freuen, wenn mich ein Unternehmer oder eine Unternehmergruppe anrufen und fragen würden, ob sie mir wenigsten die Hälfte abnehmen dürfen.
Der Anruf wird nicht kommen.
(lacht) Das befürchte ich auch.
Interview: Artur Oberhofer
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