Der Briefwahl-Skandal
Bei den Landtagswahlen 2013 wurden 20 Prozent der Briefwahl-Stimmen vernichtet. Droht nun eine Anfechtung des gesamten Wahlergebnisses?
Von Matthias Kofler
Die Süd-Tiroler Freiheit erhebt schwere Vorwürfe: „Tausende von Südtiroler Heimatfernen wurden um ihr Wahlrecht gebracht“, sagen Myriam Atz-Tammerle und Sven Knoll.
Aus einer Landtagsanfrage der Bewegung geht hervor, dass bei der Landtagswahl 2013 jede fünfte Briefwahl-Stimme der Heimatfernen vernichtet wurde. Der Grund: Die italienische Post hat die Wahlkarten zu spät dem Land übermittelt.
Bei der Landtagswahl 2013 sind 7.993 Wahlkarten termingerecht eingelangt, 1.958 Wahlkarten wurden von der italienischen Post dem zuständigen Landesamt nach dem 25. Oktober 2013 zugestellt und – wie vom Gesetz vorgesehen – vernichtet. Das sind rund 20 Prozent der Briefwahlstimmen (zum größten Teil von Südtiroler Heimatfernen).
Beim Flughafenreferendum 2016 sind 7.806 Wahlkarten termingerecht eingelangt, 1.186 Wahlkarten wurden nach dem 10. Juni 2016 von der italienischen Post dem Land zugestellt und ebenfalls vernichtet. Das sind rund 13 Prozent der Briefwahlstimmen. Insgesamt sind rund 28.000 Südtiroler im Ausland wahlberechtigt.
Haben die Poste Italiane also „schlampig gearbeitet“, wie Myriam Atz-Tammerle und Sven Knoll vermuten?
Die Süd-Tiroler Freiheit konnte nicht nur die Anzahl der zu spät zugestellten Kuverts in Erfahrung bringen, sondern auch den Zeitpunkt der jeweils eingelangten Wahlumschläge. Besonders brisant dabei ist: Allein am 30. Oktober (drei Tage nach der Landtagswahl) wurden 1.114 Wahlkarten dem Land verspätet zugestellt. „Das kann kein Zufall sein“, meint Sven Knoll.
Beim Flughafenreferendum war es genauso: Am 12. Juni fand die Wahl statt, am 15. Juni wurden an einem einzigen Tag 771 Wahlkarten dem Land verspätet zugestellt. „Totalversagen der Post“, so Myriam Atz-Tammerle.
Die Süd-Tiroler Freiheit fordert daher eine Reform des Wahlgesetzes. Laut den vorliegenden Daten über die Zustellung der Wahlkarten nach dem Wahltermin würde es reichen, wenn die Fristen für die Briefwahl um sieben bis zehn Tage verlängert werden. Innerhalb dieses Zeitraumes ist nämlich ein Großteil der verspäteten Wahlumschläge eingelangt.
Weiters prüfen Sven Knoll und Myriam Atz-Tammerle, Anzeige zu erstatten und damit strafrechtliche Ermittlungen einzuleiten. Eine Annullierung des Wahlergebnisses von 2013 gilt aber als eher unwahrscheinlich.
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