Im freien Fall
Vor einem Jahr spielte der CF Südtirol noch in der Serie A. Jetzt steht Südtirols erster Damenfußballverein vor einem Scherbenhaufen. Die Suche nach den Ursachen.
von Artur Oberhofer
Es war der vorläufige negative Höhepunkt: Am vergangenen Wochenende verloren die Damen des CF Südtirol gegen Unterland mit 7 zu 0 Toren. Es war die sechzehnte Niederlage in Folge. Null Punkte in der Tabelle. Der CF Südtirol, der in der vergangenen Saison aus der Serie A abgestiegen ist, liegt abgeschlagen auf dem letzten Platz der Serie-B-Tabelle.
Eine Schmach!
Dabei hatte vor zehn Jahren alles so schön und märchenhaft begonnen.
In der Saison 2006/07 wurde die ehemalige Sektion Damenfußball im Sportverein Vintl ausgegliedert und somit Südtirols erster Damenfußballverein.
Langjährige Patin des ehrgeizigen Projektes war die jetzige Sportlandesrätin Martha Stocker.
Der CF Südtirol war als Damen-Pendant zum FC Südtirol konzipiert. Der Verein sollte das Auffangbecken und Sprungbrett für die besten Südtiroler Fußballerinnen werden. Eine Art Südtiroler „Nationalmannschaft“.
Unter Präsident Luca Dalla Torre und Manager Peter Perez schaffte es der CF Südtirol im Jahr 2009 tatsächlich in die Serie B – und 2011 erstmals in die Serie A.
Zwar konnte sich die Mannschaft nicht im Olymp des italienischen Damenfußballs halten. Der Verein schaffte 2014 noch einmal den Aufstieg in die Serie A, engagierte den erfahrenen Klaus Schuster als Trainer.
Seitdem geht es mit dem Verein bergab. „Es ist traurig zuzusehen, wie dieses Projekt den Bach hinuntergeht“, sagt Peter Perez, der Ex-Manager.
Seitdem wird hinter den Kulissen eifrig über die Gründe dieses sportlichen Desasters spekuliert.
Der Anfang vom (vermutlichen) Ende war sicher der Ausstieg von Luca Dalla Torre als Präsident. Er war mit seinem Betrieb (Qualyline) in Konkurs gegangen und musste somit sein Amt abgeben. Unter Dalla Torre hat der Verein immer ausgeglichen bilanziert. Der CF Südtirol ein jährliches Budget von 80 bis 90.000 Euro. Lediglich in der letzten Serie A-Saison wurden 180.000 Euro ausgegeben. Diese Ausgaben konnten all die Jahre lang durch Sponsorengelder gedeckt waren. „Es wird ein- oder zweimal vorgekommen sein, dass wir ein paar Tausender Miese gemacht haben“, sagt Peter Perez.
Der Verein wäre also finanziell gesund. Und Luca Dalla Torre war im nationalen Verband sehr gut vernetzt.
Nach dem Abgang von Luca Dalla Tore übernahm der Mailänder Gastronom Andrea Oreti den Verein. Der sei zwar ein Damenfußball-Fanatiker, heißt es beim CF Südtirol, doch im Umgang mit den Spielerinnen habe er bislang wenig Fingerspitzengefühl bewiesen. Aus diesem Grund sind nach der vergangenen Saison über ein halbes Dutzend Spielerinnen zu Unterland abgewandert. „Diese Mädchen hätte man allesamt halten können“, behauptet Ex-Manager Peter Perez. Präsident Oreti habe die Spielerinnen nicht zum Bleiben motivieren können.
Die gesamte alte Garde war weg. Die drei Säulen, auf denen der Verein aufgebaut war, waren plötzlich weggebrochen. Luca Dalla Torre musste abtreten. Peter Perez hat aus familiären Gründen – seine Tochter ist Volleyballerin, also wollte der Papi auch mal die Spiele seiner Tochter sehen – hingeworfen.
Und auch Martha Stocker hat sich abgeseilt, weil sie sich als Sportlandesrätin nicht zu sehr exponieren konnte.
Das Ergebnis dieser unfreiwilligen „Abrüstung“: Der CF Südtirol spielt die diesjährige Serie B-Saison de facto mit der U19-Jugendmannschaft und mit einigen U14-Spielerinnen. Peter Perez beschreibt das große sportliche Dilemma des CF Südtirol: „Nach der Abschaffung der A2 fehlt die Zwischenkategorie: Der CF Südtirol war für die Serie zu gut und für die Serie A zu schwach.“
In seiner derzeitigen Konstellation ist der Club auch für die Serie B zu schwach.
Zwar wird der CF Südtirol, sollte er in dieser Saison aus der Serie B absteigen (was so gut wie sicher ist), aufgrund seiner sportlichen Meriten wieder in die zweithöchste Liga zurückgeholt werden. „Aber das Image des Vereins ist gesunken“, sagt Peter Perez, der eine Rückkehr zum CF Südtirol ausschließt.
Das Angebot von Luca Dalla Torre, als Netzwerker im Verein mitzuarbeiten, hat Nachfolger Andrea Oreti ausgeschlagen. „Schade“, findet Peter Perez, „denn der Luca hätte gute Kontakte.“
Peter Perez sieht nur einen Weg, das Projekt zu „retten“: „Man müsste den CF Südtirol in den FC Südtirol inkorporieren und neu durchstarten.“ Die Bestrebungen des italienischen Fußballverbandes gehen tatsächlich in die Richtung, dass die A- und B-Clubs sich eine Damenabteilung halten müssen.
Derweil verfolgt der Ex-Manager den Club aus der Ferne. Zu sehen, wie sein Club 0 zu 7 gegen Unterland verliert, tue weh, sagt Peter Perez.
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