Friede, Freude, Freiheitliche
Nach der Eskalation präsentieren sich Pius Leitner und Walter Blaas zum Wochenende als eingespieltes Team. An den zur Schau gestellten Parteifrieden glaubt niemand.
Von Anton Rainer
Ein eigenes Logo ließ sich die Partei basteln: 25 Jahre Freiheitliche, ein Grund zum Feiern, eigentlich. Ein Vierteljahrhundert lang hielt sich die mittlerweile größte Südtiroler Oppositionspartei wacker – gefeiert wird zum runden Geburtstag aber vor allem in der SVP. „Klar freut man sich über dieses Chaos“, sagt ein Abgeordneter der Volkspartei, „die verlieren momentan jede Glaubwürdigkeit.“ Quarter-Life-Krise statt Geburtstagsparty.
Dabei sollte zum Wochenende alles anders aussehen: Im Vorfeld der gestrigen Pressekonferenz (siehe Kasten) einigten sich Walter Blaas und Pius Leitner zwar weder inhaltlich noch persönlich auf eine gemeinsame Linie – für die Medien aber war das harmonische Bild perfekt abgestimmt. Miteinander gegen den gemeinsamen Feind: „Wir sind nun mal Profis“, sagten die Abgeordneten im Anschluss an den gestrigen Auftritt. Im Hinblick auf den innerparteilichen Streit, den sich Fraktionssprecher und Obmann in den vergangenen Tagen geliefert haben, wirkte der demonstrativ zur Schau gestellte Frieden dennoch wie eine Farce.
„Die Stimmung ist nach wie vor gespannt“, sagt dementsprechend ein hochrangiges Parteimitglied, „mit Friede, Freude, Eierkuchen hat das wenig zu tun.“ Und auch enge Mitarbeiter geben zu: Mit seiner lauten Kritik an der vermeintlichen Obstruktionspolitik von Walter Blaas hat Pius Leitner viel Porzellan zerschlagen. Aber es war die Reaktion des Parteiobmanns in der TAGESZEITUNG, die endgültig wie eine lang erwartete Kriegserklärung wirkte: „Die eine hat die Bombe nicht platzen lassen können“, schimpfte Blaas über seine Kollegen, „und der andere redet g’scheid über die Politikerprivilegien und hat plötzlich eine Million auf dem Konto.“
In der Partei sorgte die freimütige Provokation für ein regelrechtes Erdbeben. Und nicht nur dort:„Ich hab mit einigen Kollegen in der Volkspartei geredet“, sagt ein SVP-Abgeordneter, „wir mussten alle schlucken, als er diese Geschichte wieder rausgeholt hat.“
Im engen Umfeld des Kurzzeit-Obmanns, der in nur wenigen Monaten sein Amt zurücklegen wird, war man sich noch am selben Tag einig: „Entweder es gibt sofort eine Aussprache, oder die Sache eskaliert.“ Auch deswegen habe man ihm geraten, „das sofort wieder einzufangen.“ Seitdem ist man in der Freiheitlichen Partei auf Nadeln: Namentlich will sich kein Abgeordneter und kein Leitungsmitglied zur Krise in der Fraktion zitieren lassen, denn „derzeit verträgt der Laden keinen Spaß.“
Ende dieser Woche kam die formale Aussprache dann tatsächlich, in der Sache lässt die Einigung weiter auf sich warten. Angeblich aus Termingründen wurde eine klärende Fraktionssitzung am kommenden Montag kurzerhand abgesagt, stattdessen soll der Streit nun über andere Kanäle beigelegt werden: „Es ist in jedermanns Interesse, dass hier nix explodiert“, meint ein Vorstandsmitglied, „zumindest bis wir einen neuen Obmann haben, braucht es Ruhe in der Partei“. Derzeit ist man von dieser Idealvorstellung abgekommen: Während sich Walter Blaas und Pius Leitner öffentlich befetzten, brachten sich manche Kollegen im Landtag überraschend schnell aus der Schusslinie. Ob sie sich zu den Angriffen ihres Parteichefs äußern wolle, fragte die TAGESZEITUNG Ulli Mair. Die Antwort? „Nein, kein Bedarf.“ Und zum kontroversen Verhalten im Sanitätsausschuss? „Nein, no comment.“
Kein Wunder, glauben manche in der Partei: Die Nicht-Einmischung der ehemaligen Obfrau habe schon jetzt wahltaktische Gründe. „Ullis Beliebtheit steigt, wenn die vom Pius steigt und sie fällt, wenn die vom Pius fällt“, sagt ein Fraktionsmitglied, „so ist das bei siamesischen Zwillingen.“ Wer sich knapp zwei Wochen vor dem erwarteten Urteil im Fraktionsgelder-Prozess öffentlich hinter Pius Leitner stellt, bringt sich selbst unnötig in Gefahr. Umgekehrt hoffen nicht wenige in der Partei hinter vorgehaltener Hand auf eine Verurteilung Leitners, um dessen Obmann-Träume im Keim zu ersticken: „Wenn der Pius 2018 noch einmal kandidiert, hat die Volkspartei leichtes Spiel“, sagt ein führender Freiheitlicher, „die schicken drei Leute zu jeder Bürgerversammlung, die ihn fragen: Na, wie schaut’s aus mit deiner Rente?“ Indes wächst der Unmut im friedlicheren Teil der Landtags-Fraktion. Schon länger heißt es aus dem Umfeld von Roland Tinkhauser, Tamara Oberhofer und Co., man werde die Möglichkeit einer Wiederkandidatur 2018 daran knüpfen, ob bis dahin Frieden in die Partei eingekehrt ist. Teile des Vorstands haben dafür Verständnis: „Bei den Freiheitlichen wird das langsam zum Running Gag: Alle drei Jahre ein Casino. Wer soll das aushalten?“
Offiziell will derartige Querelen niemand kommentieren. Stattdessen übt man sich die Parteispitze in demonstrativen Friedens-Beweisen: „Jetzt ziehen wir alle an einem Strang“, lautete am Freitag die Botschaft an die Basis. Ein Strang, an dem man sich hoffentlich nicht erhängt.
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