„Die SVP ist dem PD hörig“
Der Landtag kommt zu einer Sondersitzung zusammen, um das staatliche Haushaltsgesetz anzufechten. Die Opposition schiebt den SVP-Parlamentariern in Rom die Schuld in die Schuhe.
Von Matthias Kofler
Der Landtag ist für Dienstag zu einer außerordentlichen Sitzung einberufen. Einziger Tagesordnungspunkt ist die fristgerechte Ratifizierung des Beschlusses der Landesregierung, Bestimmungen im staatlichen Haushaltsvoranschlag für 2017 anzufechten.
Erst vor zwei Wochen hatte der Landtag das Gesetz zur sogenannten „voluntary disclosure“, also der steuerrechtlichen Sanierung von Auslandsvermögen angefochten, weil dieses die Mehreinnahmen einzig dem Staat vorbehält.
Nun also folgt die nächste Anfechtung. Die Beziehungen zwischen Rom und Bozen haben sich in den letzten Monaten zunehmend verschlechtert; man trifft wieder häufiger vor Gericht zusammen. Die Landesregierung sieht in den Bestimmungen des Haushaltsgesetzes eine Verletzung von Landeszuständigkeiten und will sie vor dem Verfassungsgericht anfechten.
Genannte Bestimmungen sehen zum einen eine Beteiligung der autonomen Provinzen an der Finanzierung des staatlichen Gesundheitssystems vor – obwohl das Gesundheitswesen hierzulande gänzlich durch den Landeshaushalt finanziert wird – sowie einen staatlichen Sanktionsmechanismus für Gemeinden mit Haushaltsdefizit, was wiederum die Zuständigkeit der autonomen Provinzen für die Lokalfinanzen verletzt.
Die Ratifizierung der Anfechtung wird schnell über die Bühne gehen. Mit Gegenstimmen ist nicht zu rechnen. Die Süd-Tiroler Freiheit wird sich aller Voraussicht nach der Stimme enthalten. Die ständigen Anfechtungen von Staatsgesetzen seien unangebracht und müssten vermieden werden, erklärte kürzlich der Abgeordnete Bernhard Zimmerhofer. „Das soll die Landesregierung schon selber auslöffeln. Es kann nicht sein, dass die Landesregierung gegenüber Rom ständig nachgibt und wir das dann ausbaden müssen“, so der Abgeordnete der Süd-Tiroler Freiheit.
Kritik an der Vorgangsweise der Landesregierung kommt auch von Paul Köllensperger. Zwar sei die Anfechtung des Staatshaushaltes „absolut gerechtfertigt“, doch die Gegenwehr des Landes komme zu spät. „Stellen Sie sich vor, die Bundesregierung würde systematisch den Freistaat Bayern übers Ohr hauen“, sagt der Abgeordnete des Movimento 5 Stelle. „Dann würde Horst Seehofer (Bayerns Ministerpräsident, A.d.R.) sofort nach Berlin fahren und der Merkel einmal ordentlich die Leviten lesen.“ Die SVP verhalte sich zur italienischen Regierung aber völlig anders. Die Parlamentarier in Rom würden zuerst den Gesetzen zustimmen, die danach vom Land in kostspieligen Prozessen angefochten werden müssen. „Wenn solche Schweinereien in ein Gesetz gepackt werden, dann muss die SVP in Rom auch einmal den Mut aufbringen und mit Nein stimmen“, fordert Köllensperger, der der Volkspartei eine „PD-Hörigkeit“ vorwirft.
Für den Landtag werden die Anfechtungen zunehmend zur Routine. Eine ausreichende Vorbereitung ist kaum mehr möglich, weil die Einladung zu den Sondersitzungen erst wenige Tage vor dem Termin verschickt werden. Köllensperger spricht von einem „defizitären demokratischen System“, weil das Gewicht immer stärker von der Legislative in Richtung Exekutive verlagert werde. „Die Mehrheit im Landtag fungiert nur mehr als Mehrheitsbeschafferin, während der Opposition die personellen Ressourcen fehlen, um hier konsequent dagegenhalten zu können.“
Eine eigene Gesetzgebung sei für die Opposition kaum umsetzbar. Die Kontrollfunktion sei zwar ebenso wichtig. „Nur sehen wir, dass einige in der Minderheit den Streit mit der Mehrheit nicht produktiv, sondern für eigene Showeinlagen nutzen“, verweist der Grillino auf die Obstruktion des Abgeordneten Andreas Pöder in der Sanitätsreform. Köllensperger schlägt deshalb das Nordtiroler System vor, in dem die Abgeordneten ihre parlamentarische Tätigkeit nebenberuflich wahrnehmen. Sie verdienten zwar weniger als die Südtiroler, hätten dafür aber ausreichend Mitarbeiter, um gute Landtagsarbeit leisten zu können.
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