Wie gerecht ist Südtirol?
Der 20. Februar ist Welttag der sozialen Gerechtigkeit. Landesrätin Martha Stocker über die soziale Gerechtigkeit in Südtirol.
Der Welttag für soziale Gerechtigkeit wurde 2007 von den Vereinten Nationen eingeführt und wird seitdem am 20. Februar eines jeden Jahres begangen. Er gilt als Mahnruf an alle gesellschaftlichen Instanzen, die weltweite soziale Ungleichheit mit immer größerem Engagement zu überwinden und den Wohlstand fair zu verteilen.
„Die vollständige Beseitigung der sogenannten absoluten Armut – gemeint sind damit alle jene Situationen, in denen Menschen das Lebensnotwendigste fehlt – muss eine konkrete Zielsetzung des politischen Handelns sein“, meint Soziallandesrätin Martha Stocker und fügt hinzu: „Ungeachtet dessen, in welche geographischen und sozialen Koordinaten Menschen hineingeboren wurden, sie haben alle das Recht auf eine effektive soziale Chancengleichheit.“
Dieser Herausforderung müsse sich selbstverständlich auch unser Land stellen, besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Flüchtlingsdebatten und der Verarmung bestimmter Bevölkerungsgruppen.
Armutsquote in Südtirol im Durchschnitt
Werden alle öffentlichen Transferleistungen wie Familiengelder, finanzielle Sozialhilfe, Mietbeiträge, Wohnbauförderung, Arbeitslosengelder, Schulfürsorge, Pflegegeld, Invalidenleistungen, usw. berücksichtigt, kommt man in Südtirol auf die doch sehr beachtliche Summe von rund 540 Millionen Euro im Jahr. Zudem sind auch indirekte Förderungen zu berücksichtigen, wie z.B. begünstigte Tarife für Bildung, Sozialdienste und Mobilität.
Aufgrund der genannten Leistungen wird der Anteil der armutsgefährdeten Haushalte in Südtirol von 24,7 auf 16,6 Prozent der Bevölkerung gesenkt. „8,1 Prozent armutsgefährdete Haushalte weniger sind ein Beweis dafür, dass das Südtiroler Sozialsystem in dieser Hinsicht durchaus wirksam ist“, ist Stocker überzeugt, „doch wäre es ein Fehler, eine weitere Verbesserung dieser Situation nur über den Weg der Transferleistungen zu suchen.“
Gleichberechtigter Zugang zu Bildung, Arbeit, Gesundheitsversorgung
Vielmehr tragen auch Maßnahmen im Bereich der Lohn- und Steuerpolitik, der Einkommensverteilung, der Sozialversicherungspolitik, und besonders die Bemühungen um einen gleichberechtigten Zugang zu Bildung, Arbeit und Gesundheitsversorgung zu einer höheren sozialen Gerechtigkeit bei: „Der Zugang zu den drei Säulen unserer Gesellschaft – Bildung, Arbeit und Gesundheitsversorgung – ist mit ausschlaggebend für ein selbständiges Leben, das dem Einzelnen Verwirklichungschancen und Teilhabe ermöglicht“, betont die Landesrätin.
Die verbleibenden 16,6 Prozent relativer Armut liegen im Durchschnitt der europäischen Länder mit hohem Einkommensniveau. Südtirol ist somit nicht mehr als andere mitteleuropäische Länder von relativer Armut betroffen, aber auch nicht deutlich weniger. Die relative Armut – damit sind Personen oder Haushalte gemeint, die weniger als 60 Prozent des Durchschnittseinkommens verdienen – ist vorwiegend als Indikator für die sozialen Ungleichheiten und für eine unausgewogene Einkommensverteilung in einer Gesellschaft zu verstehen.
Für die Landesrätin für Soziales muss es Ziel der Politik sein, diese Quote möglichst gering zu halten, um eine zu unausgewogene Einkommensverteilung zu vermeiden.
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