„Ich schäme mich nicht“
Wie der frühere Bozner Vize-Bürgermeister Oswald Ellecosta auf das Wut-Interview von Renzo Caramaschi reagiert.
TAGESZEITUNG Online: Herr Ellecosta, waren Sie sich bewusst, auf was Sie sich da eingelassen haben?
Oswald Ellecosta: Ich habe ehrlich gesagt erwartet, dass es sich um einen ähnlichen Gag handelt, wie ihn die Grünen vor einigen Jahren mit mir als Vizebürgermeister gemacht haben, als sie mir einen Kaktus überreichten.
Ein Kaktus ist aber keine Mussolini-Statue…
Vielleicht hätte man die Aktion etwas anders machen können, weniger auffällig, was aber schwierig ist. Ich wusste nicht, dass gerade die Pressekonferenz zum Stadtrat stattfinden sollte und die Journalisten da sind. Ich habe allerdings auch nicht Kaffee-Und-Kuchen-Laune erwartet, aber auch nicht so einen Ausraster des Bürgermeisters mit Brüllen und die Anforderung eines Stadtpolizisten.
Wie war Ihnen zumute, als der Bürgermeister die Mussolini-Statue zu Boden geschleudert hat?
Ich war überrascht. Es war auf jedem Fall nicht sehr bürgermeisterhaft, was er da getan hat. Es hätte auch andere Möglichkeiten gegeben, zu reagieren. Jedenfalls nicht mit derartigen Beschimpfungen. Wenn er halbwegs vernünftig gewesen wäre, hätte der Bürgermeister sagen können, ich stelle den Mussolini in den Keller neben anderes Glump. Er hätte auch fragen können, was werft ihr mir konkret vor. Aber anstatt zu reden, hat er uns hinausgeworfen. Mir persönlich ist das ja egal. Ich bin parteilos, gehöre nicht der Südtiroler Freiheit an. Ich gehe aber, solange ich gehen kann, mit jeder Partei, auch einer italienischen, die sich gegen faschistische Relikte stellt.
Auch mit der Begleiterscheinung, dabei rüde und vereinfachende Provokationen mitzutragen?
Ich stehe zu meiner Teilnahme an der Aktion. Habe aber, wie gesagt, nicht erwartet, dass sie sich so entwickelt.
An Ihre Adresse sagte Caramaschi wörtlich, sie sollten sich schämen, als ehemaliger Vizebürgermeister so eine Aktion zu unterstützen.
Wennschon sollen sich diejenigen schämen, die weiterhin faschistische Relikte aufrechterhalten. Die Aufforderung des Bürgermeisters an mich ist mir völlig egal. Das war ein Ausraster jenseits der Reichweite.
Halten Sie den Löwen und die Wölfin, die der Bürgermeister nun restaurieren lässt, tatsächlich für faschistische Symbole?
Sie sind faschistische Symbole, weil sie in der Faschistenzeit aufgestellt wurden. Was hat die römische Wölfin mit Bozen zu tun? Es ist eine Beleidigung für die deutschsprachige Bevölkerung, die sich nicht schämt, dieser anzugehören. Genauso wie es eine bodenlose Gemeinheit der italienischen Parteien ist den Namen Siegesplatz aufrechtzuerhalten. Es gibt keine Initiative zur Befriedung der Bevölkerung.
Sie halten den Bozner Bürgermeister also für keinen echten Antifaschisten?
Der verbalen antifaschistischen Einstellung des Herrn Bürgermeisters widerspricht der Stadtratsbeschluss, von den beiden faschistischen Symbolen mit Steuergeld Kopien anfertigen zu lassen und sie wieder in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Dabei wäre der „ventennio fascita“ im Jahre 2017 eigentlich schon seit längerer Zeit abgelaufen. Ach ja, wie war das noch gleich mit dem „Schämen“? Ich hatte sehr viel Hoffnung auf den Bürgermeister gesetzt und die schein sich zu bestätigen, als das Gemeindeoberhaupt erklärte, die brüchig gewordenen, von den Faschisten an der Talferbrücke positionierten Symbole nicht mehr anbringen zu lassen. Nicht nur ich habe das als Zeichen in Richtung verbesserten friedlichen Zusammenlebens geschätzt. Es wäre zudem ein kleiner Schritt zur Minderung der Schande gewesen, die sich die italienischen demokratischen Parteien im Jahre 2002 geleistet haben, als sie den Friedensplatz wieder in Siegesplatz zurückbenannten.
Was hätte Caramaschi also nach Ihrer Vorstellung tun sollen?
Den Löwen und die Wölfin zu den abgestellten Adlern der Drususbrücke dazugeben.
Interview: Thomas Vikoler
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