„Hätte ich ihn küssen sollen?“
Die Mussolini-Provokation hat den Bozner Bürgermeister tief verletzt . Im großen TAGESZEITUNG-Interview watscht Renzo Caramaschi den STF-Mann Cristian Kollmann als eine Null ab, der selbst ein Faschist sei.
Das „Wut“-Interview von Bozens Bürgermeister Renzo Caramaschi am Mittwoch in der TAGESZEITUNG hat hohe Wellen geschlagen.
Wir stellen das Interview für Sie ins Netz:
TAGESZEITUNG Online: Herr Caramaschi, wie geht es Ihnen am Tag nach der Mussolini-Provokation?
Renzo Caramaschi: Die Sache hat mir sehr wehgetan. Ich bin beleidigt und empört über so viel Dummheit. Es war eine Aktion von Leuten, die nicht nur keine eigenen Ideen haben, sondern richtige Nullen sind.
Sie klingen immer noch gekränkt …
Mir eine Mussolini-Statue zu überreichen – da muss man wirklich strohdumm sein. Es geht nicht um mich, sondern um meine Familie. Ich bin nämlich in einer Familie aufgewachsen, die immer links war. Ich habe mit Alcide Berloffa …
… dem DC-Politiker, der maßgeblich an der Einrichtung der Südtirol-Autonomie mitgewirkt hat …
… gearbeitet. Ich habe mein ganzes Leben lang gegen Nationalismen jeder Art und gegen den Faschismus gekämpft. Ich muss schon sagen: Eva Klotz & Co. sind wirklich tief gesunken. Das ist unterste Schublade.
Sie waren überrascht, dass Eva Klotz und Ex-Vizebürgermeister Oswald Ellecosta Spalier gestanden haben?
Ich weiß nicht, was mit der Eva Klotz los ist. Aber dass der ehemalige Vizebürgermeister mit dabei war, das hat mich sehr überrascht. Im Negativen! Denn ich habe mit ihm zusammengearbeitet. Ich hatte immer Respekt vor Ellecostas Ideen. Aber ich kann nicht akzeptieren, dass er als ehemaliger Vizebürgermeister bei diesem Clownstück mitmacht. Ich verstehe ich nicht. Nebenbei war diese Pagliacciata nicht nur gegen mich, sondern gegen die Institution, die ich repräsentiere, gerichtet. Ellecosta hat wohl gemeint, dass die Menschen darüber lachen. Dabei ist die Sache zum Plärren!
Sie haben Ellecosta auch zugerufen, er …
Ich habe ihm zugerufen, er solle sich schämen. Er hat seine Ideen, ich habe meine Ideen. Ich habe ihn geschätzt. Aber ich wiederhole das, was ich am Montag gesagt habe: Ellecosta, du sollst dich schämen.
Und der Herr Kollmann …
Ach, reden wir bitten nicht über diesen Herrn! Der Kollmann ist hinten geblieben. Die Welt dreht sich, er kommt nicht mit, der Herr Kollmann würde am liebsten die Apartheid machen. Haben Sie sich Kollmanns Programm für den Wahlkampf in Bozen angesehen?
Sie schon?
Ja, ich habe es mir angesehen. Sein Programm war eine Lachnummer. Wenn er in den Gemeinderat gewählt worden wäre, dann wäre das eine Tragödie für Bozen gewesen. Aber die BoznerInnen waren nicht so dumm, sie haben ihm zu verstehen gegeben, was sie von ihm halten. Nämlich: Dass er eine Null ist!
Sie haben sich von Kollmann provozieren lassen …
Schauen Sie, das war alles organisiert. Sie wollten provozieren. Und ich sage Ihnen ganz offen: Ich würde den Mussolini wieder zertrümmern. Wieso sollte ich so eine Statue annehmen? Noch dazu von einer Person, mit der ich nichts teile: Weder die politischen Ansichten, noch die Welthoffnung, gar nichts! Ich bin intelligent, das was der Herr Kollmann gemacht hat, ist von einer himmelschreienden Dummheit.
Sie bereuen Ihre Reaktion nicht?
Nein, ich würde den Mussolini noch einmal kaputtmachen. Den Mussolini soll sich der Kollmann mit heimnehmen. Denn mit dieser Aktion hat er bewiesen, dass er ein Faschist ist. Er würde in so eine Uniform perfekt hineinpassen. So eine Uniform, gepaart mit seiner Dummheit, würde ihm gut stehen.
Was hat denn Ihre Frau gesagt, als Sie am Montag nach Hause gekommen sind?
(lacht) Nichts, meine Frau unterstützt mich. Sie fragt eigentlich nur, ob ich zum Essen heimkomme.
Wie waren die Reaktionen auf dem Weg ins Büro?
Ich werde auf der Straße ständig aufgehalten. Mein altes Handy hat wegen der vielen SMS fast den Geist aufgegeben …
Die Italiener scheinen geschlossen auf Ihrer Seite zu sein …
Nicht nur die Italiener. Ich habe mehr SMS von deutschsprachigen Südtirolern bekommen als die Frau Klotz sich das vorstellen kann. Die Menschen haben die Peinlichkeit dieser Aktion erkannt. Ich weiß nicht, warum die Süd-Tiroler Freiheit so ein Schwachsinn verzapft hat. Die Inbrunst, mit der sie aufgetreten sind, dieses aufgeblasene Getue – einfach nur lächerlich.
Wie erklären Sie sich den Zeitpunkt dieser Aktion?
Vielleicht fühlen sie sich bereits im Wahlkampf. Ich weiß es nicht. Ich bin auch kein Politiker. Der Kollmann kommt mir vor wie ein kleiner Hitler oder ein kleiner Mussolini. Er hat keine Ideen und ist 50 Jahre hinten.
Es gibt die, die sagen, ein Bürgermeister hätte mehr Contenance bewahren müssen. Und es gibt die anderen, die sagen, die Reaktion des Renzo Caramaschi tut eigentlich nur ein bisschen menschelen. Wie geht es Ihnen, wenn Sie das Video auf TAGESZEITUNG Online anschauen?
Was hätte ich tun sollen? Hätte ich die Statue nehmen, mich bedanken, dem Herrn Kollmann die Hand und einen Kuss auf die Stirn geben sollen! So eine Aktion ist nicht zu rechtfertigen, sie ist höchst undemokratisch. Mir eine Statue zu geben mit der Botschaft, ich sei ein Faschist, das ist untragbar. Wenn dann noch jemand kommt und sagt, ich dürfe mich nicht so aufführen, dann sage ich noch einmal: Schämt euch! Schämt euch!
Der Herr Kollmann …
Ich habe den Herrn Kollmann im Wahlkampf zu den Gemeinderatswahlen erlebt. Mit Verlaub: Da ist nichts da! Der Typ glaubt immer noch an die Apartheid. Diesem Herrn könnte man nicht einmal ein Dorf mit drei Häusern zum Regieren anvertrauen.
Wie hätten Kollmann oder Eva Klotz reagiert, wenn man ihnen einen Hitler überreicht hätte?
Das müssen Sie die Frau Klotz und den Herrn Kollmann fragen. Ich habe zuerst nicht gesehen, was er in der Hand hält, weil die Kameras davor standen. Als ich dann gemerkt habe, dass es eine Mussolini-Statue ist, war ich zutiefst verletzt und beleidigt. Ich würde den Mussolini auch heute wieder zertrümmern, der Kollmann ist ein Pagliacco. Wenn Kollmann und Co. die Politik als Clownerei ansehen, dann bitte. Aber wenn sie meine Bücher, meine Romane gelesen hätten, dann wüssten sie, dass ich in meinem tiefsten Herzen ein Antifaschist bin …
Herr Caramaschi …
Lassen Sie mich noch etwas sagen: Ich habe Verwandte, die ihr Leben unter verrückten faschistischen und Nazi-Diktatoren verloren haben. Es geht nicht um den Renzo Caramaschi. Es geht darum, dass ein kleines Würstchen den demokratisch gewählten Bürgermeister der Stadt Bozen mit Mussolini vergleichen wollte. Das konnte ich nicht zulassen.
Interview: Artur Oberhofer
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