„Hirnlose Schläger“
Die SVP-Abgeordnete Veronika Stirner ortet charakterliche Mängel bei Südtirols Türstehern – und erhebt schwere Vorwürfe gegen den Sicherheitsdienst der Firma STS. Dort reagiert man entsetzt.
Von Anton Rainer
Es war im Jänner 2016, als Veronika Stirner zum ersten Mal Zweifel an der Arbeit der Südtiroler Türsteher kamen. Damals wurde die SVP-Abgeordnete Zeugin eines gewaltsamen Übergriffs nach einem Schulball im Kurhaus Meran. Was ist passiert? „Ein Jugendlicher wurde von einem Türsteher auf brutale Weise geschlagen und gestoßen“, erinnert sich die Landtagsabgeordnete, die ihre Aussage kurz darauf bei der Polizei zu Protokoll gab. Im vergangenen Dezember – knapp ein Jahr nach dem von Stirner beobachteten Vorfall – kam es erneut zu einer Auseinandersetzung bei dem Maturaball einer Meraner Schulklasse. Wieder waren die Aggressoren Zeugen zufolge Teil des Sicherheitspersonals, wieder habe das Unternehmen „STS“ die Türsteher gestellt. Am Ende wurden einem Ballbesucher die zwei vorderen Schneidezähne eingeschlagen, einem anderen das Nasenbein gebrochen. Mehrere Jugendliche wurden zudem mit schweren Taschenlampen verletzt – Hilfsmittel, die eindeutig dem Sicherheitspersonal zugeordnet werden können.
Für Veronika Stirner, der laut Eigenaussage nichts daran liegt, „eine Berufskategorie zu diskreditieren“, ein Grund, schwere Vorwürfe zu erheben: „Ein Türsteher braucht mehr als ein breites Kreuz und trainierte Oberarme“, schreibt die SVP-Abgeordnete in einer Landtagsanfrage (Titel: „Türsteher: Streitschlichter oder hirnlose Schläger?“), „stimmen müssen auch die charakterlichen Eigenschaften.“ Heißt: Eine hohe physische und psychische Leistungsfähigkeit und das Beherrschen strategischer Deeskalationskonzepte. „Leider scheint das Sicherheitspersonal der Firma STS diesen Anforderungen nicht zu entsprechen“, kritisiert Stirner und fordert, „dass die Sicherheitsdienste bei der Auswahl des Personals und vor allem bei der Ausbildung mit größerer Sorgfalt vorgehen müssen.“
Bei den Türstehern zeigt man sich über derartige Vorwürfe entsetzt: „Weder weiß ich etwas von diesen Vorfällen, noch kann ich glauben, dass irgendetwas davon stimmt“, sagt Marco Buraschi, Geschäftsführer der Sicherheitsfirma STS. Das in Truden ansässige Unternehmen beschäftigt hunderte Türsteher in ganz Südtirol und wurde in den vergangenen Jahren zur bedeutendsten Südtiroler Sicherheitsfirma – bisher laut Eigenaussage ohne größere Beschwerden: „Eigentlich sind wir als angenehme Sicherheitsleute bekannt“, sagt Buraschi, „uns holt man gerade dann, wenn man Leute will, mit denen es keine Probleme gibt.“ Und was ist mit den von Veronika Stirner angesprochenen und selbst beobachteten Gewaltorgien? „Davon weiß ich nichts“, so der Geschäftsführer, „meines Wissens gab es bei uns noch nie eine Anzeige.“ Eher sei es umgekehrt: Buraschi selbst wurde von einem Discobesucher schon mal das Schienbein gebrochen, auch andere Kollegen mussten bereits Anzeigen wegen Körperverletzung anstrengen. „Wir haben hunderte Leute im ganzen Land, da kriegt man immer wieder mal Schleg“, sagt Buraschi. Notwehr inklusive?
Zumindest in einem Punkt sind sich die SVP-Landtagsabgeordnete und der STS-Geschäftsführer dennoch einig: Wer schon mal selbst als Aggressor in Erscheinung trat, sollte eher nicht für einen Sicherheitsdienst tätig sein. Auf der Website der Sicherheitsfirma fordert man für neue Angestellte neben einer „Kampfsportausbildung“, einer Erste-Hilfe-Ausbildung und einer Ausbildung mit Zertifikat für Sicherheitspersonal auch ein „einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis.“ Und was ist mit den von Veronika Stirner geforderten Charaktereigenschaften? „Wir haben Leute, die nicht nur Muskeln haben, sondern ihren Kopf einsetzen“, sagt Marco Buraschi. Im besten Fall eben nicht für Kampfsportübungen.
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