„Büro in der Fahrerkabine“
Wie eine neue bürokratische Auflage die Südtiroler Transportunternehmen zur Weißglut bringt.
Spediteure haben nicht nur schwere Lasten in ihren Lkw zu transportieren, sondern auch auf ihren Schultern. An die Grenzen des bürokratisch Ertragbaren bringt die Unternehmer seit Jahresbeginn ein neues österreichisches Bundesgesetz für die Erbringung von Dienstleistungen aus dem Ausland.
Jede Fahrt nach Österreich – egal ob nur zum Be- oder Entladen – muss seit Januar 2017 der Zentralen Koordinationsstelle des Bundesministeriums für Finanzen anhand eines Online-Formulars (ZKO3) gemeldet werden. Nur dann erhalten Südtirols Warentransporteure die Genehmigung, Dienstleistungen im Nachbarland zu erbringen.
Der Haken an der Geschichte: Zumal Speditionsfirmen nicht nur einen, sondern meistens etliche Auftraggeber haben, für die sie in einem bestimmten Zeitraum Dienstleistungen erbringen, fallen gleich mehrere sogenannter ZKO3-Formulare an.
„Für unsere Betriebe bedeutet diese neue Bestimmung einen nicht nachvollziehbaren und zeitraubenden Mehraufwand, den man auch simpler regeln könnte“, erklärt der Obmann der Warentransporteure im lvh, Elmar Morandell.
Das österreichische Bundesgesetz sieht nämlich vor, dass Frächter zusätzlich zur ZKO3-Meldung das Formular A1, den Lohnstreifen, den Arbeitsvertrag (beides auch in deutscher Sprache), Lohnzahlungsnachweise oder Banküberweisungsbelege, Arbeitsaufzeichnungen (sprich Tachokarte) sowie Unterlagen hinsichtlich Lohneinstufung mitführen, um das je nach Dauer der Beschäftigung nach den österreichischen Rechtsvorschriften gebührenden Entgelts (Kollektivvertrag) überprüfen zu können.
„Ad absurdum geführt wird das Ganze durch eine weitere Bestimmung laut der auf dem Lohnstreifen angeführt sein müsste, dass der Lkw-Fahrer für zwei Stunden Abladetätigkeit nach Tarifvertrag in Österreich bezahlt wird, hingegen nach deutschem Tarifvertrag, wenn er weiter nach Deutschland fährt und dort Dienstleistungen erbringt. Im Grunde müssten wir zukünftig ein Büro mit Sekretärin in der Fahrerkabine vorsehen“, so Morandell.
In Deutschland hat man das Problem so gelöst, dass ausländische Transportunternehmen einfach eine Meldung an den Zoll schicken, mit der sie erklären, dass alle Arbeitnehmer, sobald sie auf deutsches Staatsgebiet kommen, laut Mindestlohn bezahlt werden. „Dieselbe Vorgehensweise wäre auch für Österreich andenk- und anwendbar, ohne dass die Unternehmen vor jeder Fahrt in das Nachbarland eine bürokratische Odyssee unternehmen müssen“, so der Frächterchef.
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