„Wir sind schockiert“
Nach den gestarteten Protestaktionen der Tierschutzvereine: Der lange Kampf von Roland Aufderklamm um eine bessere Finanzierung. Und: Die Tierschützer haben mit Luis Durnwalder einen prominenten Unterstützer.
von Heinrich Schwarz
Ende Dezember haben sechs Südtiroler Tierschutzvereine einen Schlussstrich gezogen. Nachdem das Land nicht auf die Forderung eingegangen ist, mehr Geld für die Vereinstätigkeit und für die privaten Tierheime von Naturns und Vintl bereitzustellen, haben die Vereine erklärt, ihre Tätigkeiten radikal zurückzufahren.
Man werde sich künftig nur noch um die tierärztliche Behandlung und die Pflege verunfallter Tiere sowie um die Öffentlichkeitsarbeit kümmern – und zwar im Rahmen der eingehenden Spendengelder. Die Kontrolle der freilebenden Katzen werde dem Land und den Gemeinden überlassen. Im Stich gelassene Tiere und Tierfindlinge sollen von den Bürgern bei der jeweiligen Gemeinde abgegeben werden.
Der zuständige Landesrat Arnold Schuler hatte den Vereinen zuvor einen Vorschlag gemacht, der ihnen allerdings zu wenig war. Schuler, der erklärte, dass kein Land in der Umgebung so viel für den Tierschutz ausgebe wie Südtirol, sicherte den Vereinen zu, dass das öffentliche Tierheim Sill die Anzahl der Katzenkastrationen verdoppeln und die Transportkosten übernehmen werde. „Damit wäre das Problem mit den Kosten gelöst“, so Schuler.
„Der Vorschlag von Schuler ist eine reine Utopie. Warum sollte nun plötzlich gelingen, was seit Jahrzehnten nicht funktioniert? Außerdem ist es der dreifache Aufwand, wenn ein Tier im Wipptal abgeholt und am nächsten Tag wieder zurückgebracht wird, als wenn es von Freiwilligen vor Ort versorgt wird. Daneben ist der lange Transport in den Käfigen Tierquälerei.“
Dies sind die Worte von Roland Aufderklamm, Präsident des Tierschutzvereines Überetsch-Unterland. Er ist einer, der seit Jahren um eine Besserstellung der Tierschutzvereine kämpft. Die TAGESZEITUNG hat sich mit dem Kalterer getroffen, der sagt, dass sein Verein bereits seit Juni kein Geld mehr habe. Aufderklamm müsse immer wieder selbst in die Tasche greifen.
Nachdem die Vereine seit Jahren unter rückläufigen Spendengeldern zu leiden haben, habe der Konflikt mit dem Land im Jahr 2011 begonnen. Ex-Landesrat Hans Berger stellte damals eine Kampagne zur Katzenkastration vor. Die Beiträge an die Vereine würden 2011 um 10.000 Euro auf 310.000 Euro aufgestockt und im Jahr 2012 um weitere 10.000 Euro.
„Ich wollte damals schon aufstehen und fragen, ob man uns pflanzen will mit 10.000 Euro, aber ich wurde zurückgehalten“, sagt Roland Aufderklamm. Nach dem Medienrummel sei dann tatsächlich nichts passiert. Als Hans Berger Anfang 2013 in den Senat wechselte, suchte Aufderklamm erstmals Landeshauptmann Luis Durnwalder in dessen morgendlicher Sprechstunde auf, damit dieser die Geldmittel spürbar aufstockt.
Der TAGESZEITUNG liegt der Brief von Durnwalder vor, der kurze Zeit später verfasst wurde. Darin heißt es: „Eigentlich liegt (…) die Zuständigkeit für die Kontrolle der freilebenden Katzen beim Südtiroler Sanitätsbetrieb. Ich werde mich dementsprechend beim zuständigen Landesrat einsetzen, dass wir für das kommende Jahr in dieser Angelegenheit eine Lösung und die notwendigen finanziellen Mittel finden bzw. dass auch beim Tierheim Sill die Kapazität der durchzuführenden Kastrationen erhöht wird, um die Wartezeiten zu verkürzen.“
Der damals für den Landestierärztlichen Dienst zuständige Landesrat Richard Theiner erteilte den Tierschützern in einem Brief jedoch eine Absage.
Nach dem Regierungswechsel gingen die Tierschützer im Jahr 2014 ins Ressort von Landesrat Arnold Schuler. „Als wir den Brief von Durnwalder herzeigten, sagte uns ein Beamter wortwörtlich, dass wir diesen Brief in den Papierkorb schmeißen können. Es hieß, die alte Regierung habe alles Mögliche versprochen, aber man könne keinen Cent geben“, erinnert sich Aufderklamm.
Er sagt heute: „Es stellt sich die Frage, ob man eine Landesregierung noch ernst nehmen kann, die ein Schreiben des Landeshauptmannes in den Papierkorb werfen will und dem Bürgern gegenüber eine solche respektlose Vorgangsweise an den Tag legt.“
Eine spätere Beschwerde bei der Volksanwältin habe nichts gebracht. Ein Brief an Landeshauptmann Arno Kompatscher sei unbeantwortet geblieben. Roland Aufderklamm fragt sich: „Wie kann eine Landesregierung zusehen, wie ein Landesdienst seine institutionellen Zuständigkeiten, wie sie im Gesetz vorgesehen sind, nicht wahrnimmt, gleichzeitig den Tierschutzvereinen die nötige Unterstützung verweigert und den privaten Tierheimen von Naturns und Vintl die Beiträge kürzt?“
Auch in den letzten Monaten haben sich die Tierschützer an Alt-Landeshauptmann Luis Durnwalder gewandt. Und dieser zeigt vollstes Verständnis. Gegenüber der TAGESZEITUNG sagt Durnwalder:
„Ich mische mich nicht aktiv in die Aktionen ein, aber ich kann eines sagen: Ich habe immer versucht, die Tierschutzvereine entsprechend zu unterstützen, weil ich der Auffassung bin, dass die öffentliche Hand einen Dienst nie so gut machen kann wie die Leute, die ihn aus ehrenamtlichen Überlegungen und innerer Passion durchführen. Deswegen erachte ich es als großen Fehler, wenn die Vereine links liegen gelassen werden und die öffentliche Hand meint, dass sie es billiger und besser machen kann. Aber natürlich müssen die heutigen Verantwortlichen entscheiden, was sie für das Beste halten.“
Das Ehrenamt, so der Alt-Landeshauptmann, sei in den verschiedensten Bereichen wichtig und garantiere Erfolg. „Es kommt weit mehr heraus, wenn sich jemand mit innerer Überzeugung und Begeisterung einbringt, als wenn die öffentliche Hand jemanden anstellt“, sagt Durnwalder.
Eine 100-prozentige Spesenrückvergütung für die Tierschutzvereine hält Durnwalder zwar nicht für gerechtfertigt, „aber eine angemessene Finanzierung ist sicher richtig. Ich habe immer versucht, eine solche zu garantieren.“
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