Ackern fürs Geld
Obwohl Südtirols Landwirte „nur“ 57 Millionen Euro an Steuereinnahmen generieren, erhalten sie 82 Millionen aus dem Landeshaushalt. Ein gerechtfertigter Bonus?
Von Anton Rainer
Was Ernte und Verkauf betrifft, mag das Jahr 2016 für Südtirols Landwirte eher „mittelmäßig“ (O-Ton Bauernbund) gewesen sein – der Steuerbereich aber war es mit Sicherheit nicht. „Zahlreiche positive Auswirkungen für die Landwirtschaft“ feierte der „Landwirt“, das Hausmedium der mächtigsten Standesorganisation in Südtirol, bereits vor einem Jahr: Eine Abschaffung der Wertschöpfungssteuer IRAP, Gebührenermäßigungen für Grundstückskäufe, Steuerbegünstigungen bei Flurbereinigungen und vieles mehr brachte das nationale Stabilitätsgesetz 2016 mit sich. Und für weitere Förderungen und Beiträge schrieb sich Südtirol eigene Verordnungen.
Rund 60 spezifische Steuererleichterungen bzw. Subventionen waren es seit Legislaturbeginn, rechnete der Oppositionelle Andreas Pöder Anfang Dezember vor – und beschwerte sich über eine Volkspartei, „die sich immer mehr zur Lobbyorganisation des Bauernbundes“ machen lasse. Aktuelle Zahlen aus dem Finanzministerium geben dieser Interpretation zumindest ein plausibles Fundament: Bereits 2015, als die Wertschöpfungssteuer auch Landwirten noch knapp 10 Millionen Euro aus der Tasche zog, deklarierten Bauern nur einen Bruchteil jener Abgaben, die Arbeitnehmer und Selbstständige zu leisten haben. Von den insgesamt knapp 20.000 landwirtschaftlichen Betrieben, das zeigen die Daten des Finanzministeriums, zahlten außerdem nur 40,97 Prozent Einkommenssteuer. Den Landeszuschlag, der ab einem Jahreseinkommen von 25.000 Euro fällig wird, musste überhaupt nur jeder zehnte Bauer leisten. „Wenn diese deklarierten Zahlen wirklich stimmen, frage ich mich, warum überhaupt noch jemand Obst- und Weinbau betreibt“, sagt Andreas Pöder – und stellt eine naheliegende Rechnung an: „Was Einkommenssteuern, Irpef-Zuschlag und IRAP angeht, belaufen sich die Steuerzahlungen der Landwirtschaft auf 57 Millionen Euro“, so der BürgerUnion-Chef, „aus dem Landeshaushalt 2017 erhält die Land- und Forstwirtschaft aber 82 Millionen Euro.“ Ein Bonus, von dem jeder Arbeitnehmer nur träumen könnte.
Freilich erzählen die Zahlen dabei nur die halbe Geschichte: Auch Bauern bezahlen, wenn auch nach einem Pauschalsystem, Mehrwertsteuer, auch den Bauern wurden – analog zu anderen Bereichen des Landeshaushalts – im Ausgleich für Steuererleichterungen Beiträge gekürzt. Dazu kommt ein altbekanntes Argument: Wer kümmert sich um die Landschaftspflege, wenn die Bauern ihren Pflug hinschmeißen?
Dennoch bleibt ein fader Beigeschmack: Mit IRAP-Kürzung und Gis-Begünstigung dürften die Steueraufkommen für das noch ausstehende Jahr 2016 in der Landwirtschaft noch einmal niedriger ausfallen. Ist das wirklich noch gerecht?
Ja, findet Arnold Schuler: Im TAGESZEITUNG-Interview verteidigt der Landwirtschaftslandesrat die asymmetrische Aufteilung der Steuerlast. Landwirte müssten schon alleine deswegen begünstigt werden, weil sie von den aktuellen Lebensmittelpreisen nicht leben könnten. Ob bei der Milch oder den Äpfeln: „Europaweit schlechte Preise“ beklagt der Bauernbund in seiner Jahresrückschau 2016, und hofft „nach drei mageren Jahren“ im neuen Jahr endlich auf Besserung. Für Andreas Pöder ein schwaches Argument: „Die Südtiroler und insbesondere die Arbeitnehmer haben durchaus gezeigt, dass sie Solidarität mit den Bauern haben“, so der Abgeordnete, „aber sie wollen fördern, ohne dabei zur Melkkuh zu werden.“ Für diese Form der Viehhaltung gibt es nämlich keinen Beitrag.
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