Wetteifer an den Zinnen
Extremer Konkurrenzkampf oder reiner Zufall? Wie sich die Kletterer Christoph Hainz und Simon Gietl bei der Winterbesteigung der Drei Zinnen ins „Gehege“ gekommen sind.
von Heinrich Schwarz
Simon Gietl und Vittorio Messini haben es geschafft. Christoph Hainz und Simon Kehrer haben es geschafft. Beiden Duos ist die Winterbesteigung der Drei Zinnen an einem Tag gelungen.
Hainz und Kehrer waren am 23. Dezember insgesamt 13 Stunden unterwegs – bei einer reinen Kletterzeit von 7,5 Stunden. Gietl und der Osttiroler Messini brauchten am 31. Dezember insgesamt 12,5 Stunden. Die reine Kletterzeit: Fünf Stunden und 45 Minuten.
Ein Wettkampf zwischen den Extrembergsteigern?
„Nein, es war kein Wettkampf, sondern vielmehr Zufall“, sagt Simon Gietl. „Zudem“, so der Luttacher, „sind wir unterschiedliche Routen geklettert, sodass ein Vergleich schwierig ist. Ich habe jedoch vor der Tour mit Simon Kehrer und Christoph Hainz telefoniert, die mir die super Idee gaben, mit dem E-Bike über die Mautstraße hinaufzufahren. Sie sagten mir zudem, dass die Verhältnisse sehr gut sind. Ich möchte klarstellen, dass wir allesamt gute Bergführerkollegen sind.“
Simon Gietl und sein Partner Vittorio Messini fuhren am Silvestertag um 06.00 Uhr mit dem Bike zur kleinen Kapelle unterhalb der Kleinen Zinne. „Wir sind dann einfach drauflosgeklettert und haben geschaut, wie weit wir kommen und wie wir Lust haben. Im Hinterkopf hatten wir natürlich den langjährigen Wunsch, die Winter-Nordwand-Trilogie zu schaffen – also die Winterbesteigung der klassischen Nordwand-Routen“, so Gietl.
Das Duo startete mit der Comici-Route an der Großen Zinne. Nach einer Stunde und 45 Minuten waren Gietl und Messini beim Ringband, von wo es weiter auf den Gipfel ging. Der Abstieg erfolgte über den Normalweg.
Danach war die Cassin-Route an der Westlichen Zinne dran. Der Aufstieg zum Gipfel dauerte zwei Stunden und 45 Minuten. Auch hier ging es über den Normalweg zurück. Nach einer Pause gingen Gietl und Messini zum Ausgangspunkt der Innerkofler-Route an der Kleinen Zinne. Das Duo brauchte eine Stunde und 15 Minuten bis zum Gipfel und seilte sich dann beim Normalweg wieder ab.
Gegen 18.30 Uhr kamen die Extrembergsteiger mit ihren E-Bikes wieder beim Ausgangspunkt, der Mautstelle, an.
„Die Zeit hat uns natürlich überrascht“, ist Simon Gietl erfreut. Er und Vittorio Messini sind die Zweiten, die die Winter-Nordwand-Trilogie geschafft haben. Die erstmalige Winterbesteigung der drei klassischen Routen durch die Nordwand ist dem Schweizer Ueli Steck und dem Deutschen Michael Wohlleben gelungen. Sie benötigten im Marz 2014 etwas weniger als 16 Stunden.
Die Tour von Christoph Hainz und Simon Kehrer am 23. Dezember war fast identisch. Die erfahrenen Kletterer starteten nach der E-Bike-Anfahrt ebenfalls mit der Comici-Route an der Großen Zinne, stiegen beim Normalweg hinab, bewältigten die Cassin-Route an der Westlichen Zinnen und gingen über den Normalweg wieder hinunter. Der einzige Unterschied: Bei der Kleinen Zinne wählten Hainz und Kehrer nicht die Innerhofer-Route, sondern die sogenannte Gelbe Kante.
Als ihn die TAGESZEITUNG auf die Winterbegehung von Simon Gietl ansprach, sagte Hainz zwar, dass er das Ganze nicht als große Geschichte erachte – teilte gleichzeitig aber einen Seitenhieb gegen Gietl und Messini aus:
„Wenn man mediengeil ist, muss man natürlich etwas publizieren, ohne die Vorgänger namentlich zu nennen. Ich bin einer, der sich nicht so in den Medien präsentieren muss, weil ich nicht so sehr von Sponsoren leben muss wie die Jungen. Ich bin ja fast gleich alt wie die beiden anderen zusammen.“
Christoph Hainz erklärt ganz offen, dass er die Winter-Trilogie von Gietl und Messini als nachgemachte Sache betrachtet. „Schließlich hat uns der Simon ja angerufen, um dann auf Biegen und Brechen loszulegen“, so der 54-jährige Pusterer. Zudem betont Hainz, dass Gietl und Messini mit der Innerkofler-Route an der Kleinen Zinne die einfachere Variante gewählt hätten.
Auf Nachfrage gibt Christoph Hainz aber auch zu, dass er und Kehrer bei der Großen und der Westlichen Zinnen nicht ganz auf den Gipfel geklettert sind. „Wir sind bewusst nicht auf die Gipfel hoch, da wir als Bergführer im Sommer oft genug oben sind“, so Hainz.
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