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Geplatzter Traum?

Sepp Noggler

Sepp Noggler

Auf ihrem Weg zu einem „organischen“ Wahlgesetz stolpert die SVP über den geballten Widerstand der Opposition. Nun will man die Neuerungen ohne die Stimmen der Minderheit in den Landtag bringen – und eine Volksabstimmung riskieren.

Von Anton Rainer

Am Ende nutzten auch die sanftesten Streicheleinheiten nichts: Mit ihrem Versuch, die Stimmen der Opposition für ein landesübliches Wahlgesetz zu gewinnen, ist die SVP spätestens am Mittwoch endgültig baden gegangen. Während sich die Abgeordneten der Volkspartei in der Fraktionssitzung in Freude über den fertigen Text gegenseitig auf die Schulter klopften, trafen sich die Vertreter der Opposition in einem eigenen Sitzungssaal – und beschlossen informell, was sich ohnehin jeder erwartet hatte. „Niemand will der SVP helfen, ein Wahlgesetz zu zimmern, das ihr bei weniger Stimmen gleich viele oder sogar mehr Mandate garantiert“, so das einhellige Fazit. Direktwahl hin und oder her – in ihrer Anti-Volkspartei-Linie waren sich am Mittwoch alle Parteien der Opposition einig. Ist das Projekt „organisches Wahlgesetz“ nun gestorben?

„Auf keinen Fall“, sagt Sepp Noggler. Der SVP-Abgeordnete gilt als Architekt des derzeit vorliegenden Gesetzestextes. Gestern gab ihm seine Fraktion den Auftrag, die Wahlrechtsreform gegen den Widerstand der Landtagsminderheit einzubringen – inklusive einer klaren Zeitvorgabe.

„Wir haben der Opposition ein Angebot gemacht, wohlwissend, dass wir eh keine Hilfe bekommen“, sagt Sepp Noggler, „nun werden wir das bereits übersetzte Gesetz nach Weihnachten abgeben, Ende Jänner kommt es in die Kommission und schon im März können wir es mit einfacher Mehrheit beschließen.“

Eine Direktwahl des Landeshauptmanns, anfangs noch zentraler Inhalt der Reform, ist damit ausgeschlossen, weil diese Änderung zwingend eine Zwei-Drittel-Mehrheit voraussetzt. Ein Restrisiko bleibt dennoch: Passiert das Gesetz den Landtag mit nur einer einfachen Mehrheit, ist eine Volksabstimmung nicht ausgeschlossen – und wird vonseiten der SVP bereits mit einkalkuliert. „Theoretisch hätte die Opposition nach der Verabschiedung drei Monate Zeit, um Unterschriften zu sammeln“, sagt Sepp Noggler, „noch einmal drei Monate blieben dann für die Volksabstimmung.“ Alles noch innerhalb 2017 zu schaffen, so der Abgeordnete – in sicherem Abstand zur Landtagswahl im Herbst 2018.

Dass es soweit kommen könnte, glaubt nicht nur die Volkspartei. „Klar ist: Die SVP kann ihr Gesetz alleine machen“, sagt Andreas Pöder, „aber wenn sie mehr Landtagssitze bei weniger Stimmen will, dann gibt’s eine Volksabstimmung.“ Für den Abgeordneten der BürgerUnion sind damit sämtliche Änderungen, vom Vollmandat über neue Berechnungsmethoden bis hin zum Ladiner-Posten, ein potentieller Grund, verfrüht in den Wahlkampf zu starten. „Ein Jahr vor den Landtagswahlen könnte das zu seiner Volksabstimmungsschlappe der SVP führen“, freut sich Pöder. Ein drohendes Szenario?

„Wir haben alles im Griff“, beruhigt Sepp Noggler, „wenn Andreas Pöder mit den anderen Ein-Mann-Fraktionen durch die Gegend läuft, wird er auch eine Volksabstimmung nicht gewinnen. Jeder weiß dann, dass er es nur für seinen Posten tut.“ Und was ist mit einer, aus dem Regionalrat bekannten Obstruktionsaktion durch vier bis fünf wahlkampffreudige Abgeordnete? Im Landtag, kommentiert der SVP-Abgeordnete trocken, gebe es „Leute, die mit 2.000 Stimmen reingekommen sind und sich für die allerwichtigsten halten.“ Pöders Konter: „Wenn ich ansehe, wer der SVP am meisten auf die Eier geht, dann sind das die Abgeordneten der Kleinparteien. Klar, dass uns die Dienstwagenfahrer wie Noggler aus dem Landtag haben wollen.“

Wie dem auch sei, entzünden dürfte sich die große Wahlgesetzdebatte hauptsächlich um den Zankapfel Vollmandat. Fliegen die Kleinparteien aus dem hohen Haus, ist eine Volksabstimmung unausweichlich – wenn nicht, dann nicht. Für zwischen zehn und zwölf kleinere Änderungen (Mandatsbeschränkung, sofortige Auszählungen, Aufstockung der Landesregierung etc.) glaubt Noggler, könne man auch so noch eine ausreichende Mehrheit im Plenum finden. Und überhaupt: Das langfristige Ziel sei ohnehin ein anderes. „Wenn das Gesetz mal da ist“, sagt Sepp Noggler, „können wir in Zukunft jeden einzelnen Artikel hier in Südtirol abändern. Dann muss auch nicht mehr der ganze Text einer Volksabstimmung unterzogen werden.“ Seit 2001 hätte man diese Möglichkeit gehabt – in dieser Legislaturperiode will man den Autonomie-Jolly endlich spielen. Wenn es sein muss, auch ohne Mitspieler.

 

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