Captain Fantastic
Drehbuchautor und Regisseur Matt Ross gibt in seinem zweiten Kinofilm interessante Denkanstöße in Sachen Konformismus
von Renate Mumelter
Die Fragen, die Matt Ross in seinem „Captain Fantastic“ stellt, sind jene, die sich alle Eltern stellen sollten. Viele tun es eh, sie fragen sich zum Beispiel, ob es besser ist, die Kinder schon gleich auf spätere Karrieren zu konditionieren oder ob es mehr Sinn macht, ihnen eine Welt abseits der gängigen Spielregeln zu zeigen. Schon wer zwischen Waldorf-, Montessori- und Normalschule wählen muss (und kann), steht vor solchen Entscheidungen.
Es muss ja nicht gleich das abgeschottete Selbstversorgerleben sein, das Ben gemeinsam mit seiner Frau und den Kindern in der Waldeinsamkeit Nordamerikas führt. Der hoch gebildete Ben unterrichtet seine Kinder auf partiarchale aber effiziente Art so gut, dass der Älteste an allen renommierten US-Universitäten aufgenommen würde, wenn er nur wollte.
Auch die Kleinsten werden in dieser Familie als vollwertige Menschen behandelt, mit denen man auf Augenhöhe kommunizieren kann. Als einer der kleineren Söhne wissen will, was eine Vergewaltigung ist, bekommt er eine klare, sachliche Antwort, ohne dass jemand rot wird und ohne dass es heißt, das verstehst du noch nicht. Da ließe sich eine Menge abschauen.
Als die Nachricht vom Tod der psychisch erkrankten Mutter eintrifft, beschließt die Familie aufzubrechen und dafür zu sorgen, dass sie ihren Wünschen entsprechend bestattet wird. Dieser Aufbruch bedeutet ein Zurück in die Zivilisation, bedeutet Roadmovie, Konflikte, Spaßeffekte, bittere Erfahrungen, Aufdeckung von Defiziten. Ein allgemeines Nachdenken über Konformismus und Antikonformismus setzt ein.
Hauptdarsteller Viggo Mortensen sieht nicht nur gut aus, er überzeugt als vielschichtiger Vater Ben. An der gelungen Besetzung von Bens Kindern lässt sich erkennen, dass Regisseur Matt Ross viel vom Schauspiel versteht, er war ja selbst bis 2007 vor allem Schauspieler und hat erst spät das Fach gewechselt.
Captain Fantastic (USA 2015), 120 Min., Regie und Drehbuch: Matt Ross, mit Viggo Mortensen. Bewertung: Ideal für einen nicht allzu beschwerlichen Abend mit guten Denkanstößen
Was es sonst noch gibt: „I, Daniel Blake“ von Ken Loach in den Außenstellen des Filmclubs, „Sully“ von Clint Eastwood in Meran (SA,SO)
Auch die Kleinsten werden in dieser Familie als vollwertige Menschen behandelt, mit denen man auf Augenhöhe kommunizieren kann
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