„Wegschauen geht nicht“
Soziallandesrätin Stocker hat den Bezirkspräsidenten am Donnerstag die neuen Richtlinien für die Aufnahme von Asylbewerbern vorgestellt.
Das Land hat die Aufgabe die Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern zu gewährleisten, die Südtirol im Rahmen der staatlichen Quoten zugewiesen werden.
Um die Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten und die Verteilung auf die verschiedenen Bezirke in Zukunft besser zu handhaben, hat sich die Landesregierung unlängst mit der Aufnahme von Asylbewerbern in Südtirol beschäftigt und genauere Richtlinien für die Bezirke und die Gemeinden vereinbart.
Diese wurden am Donnerstag von Landesrätin Martha Stocker dem Gemeindenverband und den Bezirksgemeinschaften vorgestellt.
„Wegschauen ist keine Lösung: Es liegt in unser aller Verantwortung, dem Land zugewiesene Asylbewerber ein Dach über dem Kopf und eine entsprechende Betreuung zu gewährleisten“, unterstrich Soziallandesrätin Stocker bei dem Treffen. „Dabei muss es gelingen, rechtzeitig die Vorbereitungen für die notwendigen Aufnahmeplätze in die Wege zu leiten, um nicht früher oder später auf kurzfristige Lösungen zurückgreifen zu müssen.“
3,5 Aufnahmeplätze pro 1.000 Einwohner als Richtwert – Sprengel als Einzugsgebiet
„Dass das derzeitige Asylsystem mehrere Widersprüche und kritische Punkte aufweist, haben wir in Vergangenheit gegenüber dem Staat wiederholt betont und wir werden auch in Zukunft immer wieder darauf verweisen“, so die Landesrätin. Landesrätin Stocker unterstrich im Gespräch mit den Vertretern des Gemeindenverbandes und der Bezirksgemeinschaften, dass die Zuweisungen von Asylbewerbern vonseiten des Staates dennoch fortgeführt werden und dass sich Südtirol die zugewiesenen Menschen nicht aussuchen könne.
„Es ist unsere Pflicht, im Rahmen der Quoten entsprechend vorbereitet zu sein“, so Stocker, wobei mit der Unterbringung von etwa 1470 Asylbewerbern in Südtirol die derzeitige Quote so gut wie erfüllt werde. Durch die laufende Öffnung neuer Einrichtungen kann auch die Landeshauptstadt Bozen entlastet werden.
Laut den neuen Richtlinien des Landes gelten zukünftig neben einer Einrichtung für die Erstaufnahme in Bozen die Sprengel als Einzugsgebiet für die Berechnung der Aufnahmeplätze, mit einem Parameter von 3,5 Asylbewerbern pro 1.000 Einwohner.
Dadurch können sich auch mehrere kleine Gemeinden für einen gemeinsamen Standort zusammenschließen. Sollte das Aufnahmekontingent für einen Sprengel noch nicht erreicht sein, wird das Land bevorzugt in Gemeinden ab etwa 4000 Einwohnern nach Standorten für die Unterbringung von Asylbewerbern suchen. Diese werden somit prioritär zur Erfüllung des Kontingents auf Sprengelebene beitragen, bei passenden Standorten können allerdings auch andere Gemeinden im Sprengelgebiet herangezogen werden.
Zwei Schienen für die Aufnahme: SPRAR und Vereinbarung Land-Regierungskommissariat
Für die Unterbringung von Asylbewerbern in den Sprengeln gibt es zwei verschiedene Möglichkeiten: Die Gemeinden können sich wie bisher freiwillig am sogenannten SPRAR-System beteiligen oder die Menschen gemäß der Vereinbarung zwischen dem Land Südtirol und dem Regierungskommissariat aufnehmen.
Das SPRAR-System der italienischen Regierung sieht vor, dass die Gemeinden (einzeln oder in einem Verbund) die Initiative ergreifen, ein geeignetes Gebäude für die Aufnahme von Asylbewerber finden und gemeinsam mit einer geeigneten Trägerorganisation direkt beim Staat ein Projekt einreichen. Diese freiwillige Teilnahme wird vom italienischen Staat mit bis zu 35 Euro pro Kopf und pro Tag finanziert. Das SPRAR-System sieht dabei vor, dass die Gemeinden auch kleinere Gruppen von 5 bis 15 Asylbewerbern unterbringen und aufnehmen können. Diese Möglichkeit ist daher besonders für kleine und mittlere Gemeinden interessant. Beteiligt sich eine Südtiroler Gemeinde an diesem Programm im vorgesehenen Ausmaß der neuen Richtlinien des Landes, so wird sie von weiteren Aufnahmen im Zuge der Vereinbarung zwischen Land und Regierungskommissariat ausgenommen.
Die Möglichkeit zur Aufnahme von Asylbewerbern gemäß der Vereinbarung zwischen dem Land Südtirol und dem Regierungskommissariat bleibt mit den bisherigen Regelungen aufrecht: Dies bedeutet, dass eine Einrichtung mindestens 25 Plätze vorsehen muss und dass das Land Südtirol die Immobilie zur Verfügung stellt und die Beziehungen zur Trägerorganisation hält. Der Staat finanziert die Unterbringung der Asylbewerber mit 28 Euro pro Person und pro Tag .
Diese Form der Aufnahme ist für die meisten der bestehenden Unterkünfte der Fall und wird so lange bestehen bleiben, bis eventuell gleichwertige Alternativen in Form des SPRAR-Systems vorgeschlagen, genehmigt und umgesetzt werden. Diese Organisationsform wird auch deshalb beibehalten, um jene Gebiete abzudecken, die nicht durch eine freiwillige Teilnahme am SPRAR-Programm die vorgesehene Zahl von Asylbewerbern unterbringen zumal die notwendigen Aufnahmeplätze landesweit in jedem Fall gewährleistet werden müssen.
Leerstehende Wohnungen von Gemeinden, Pfarreien und anderen öffentlichen Einrichtungen sowie von interessierten Familien, die für die Aufnahme von Asylbewerbern während ihres Verfahrens nicht geeignet sind, können zu einem späteren Zeitpunkt eingesetzt werden: Diese private Hilfsbereitschaft wird vor allem in der weiteren Betreuung jener Menschen, denen ein humanitärer Schutz zugesprochen wird, von Bedeutung sein.
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