Kampf um die Eizellen
Um die Nachfrage nach künstlich befruchteten Embryonen zu befriedigen, importiert das Land künftig Eizellen aus Europa – und lässt die Privatklinik von Bruno Engl im Regen stehen.
von Anton Rainer
Bruno Engl ist es gewohnt zu warten. Seit der Ex-Primar und Erfinder der Südtiroler Reproduktionsmedizin Anfang Februar dieses Jahres seine Privatklinik „Donna Salus“ eröffnete, hadert Engl nicht nur mit ausstehenden Zertifikaten und Akkreditierungen – er wartete bisher auch vergeblich auf einen Anruf von Martha Stocker. „Ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass wir mithelfen können“, sagt ein hörbar enttäuschter Engl gegenüber der TAGESZEITUNG, „aber jetzt spielen wir offensichtlich keine Rolle.“
Am Dienstag verabschiedete die Landesregierung auf Vorschlag der Gesundheitslandesrätin einen lange erwarteten Beschluss zur sogenannten „heterologen Befruchtung“. Die Zeugung von Embryonen mit Ei- oder Samenzellen, die nicht vom Paar mit Kinderwunsch, sondern einem/r Dritten kommen, wurde durch ein Urteil des Verfassungsgerichts im Jahr 2014 legalisiert, ein Jahr später folgten entsprechende „Richtlinien“ des Landes.
Völlig unklar war jedoch bisher, wer die „Materialbeschaffung“ für diese Form der Befruchtung übernehmen soll. Zwar leistet man im Brunecker Zentrum für Reproduktionsmedizin bereits jetzt rund 1.000 „Stimulationszyklen“ pro Jahr – Spenden von anonymen Fremden waren aber, freundlich gesagt, die Ausnahme. Eizellen aus Südtirol und den anderen italienischen Regionen reichten beim besten Willen nicht aus, um die Nachfrage in Südtirol zu befriedigen. Und eine eigene öffentliche Samenbank für jährlich knapp 50 Paare wollte Martha Stocker erst recht nicht einrichten lassen.
Blieb also nur der Import: „Eizellen kann man nur in wenigen Ländern bekommen“, erklärt die Gesundheitslandesrätin, „Spanien etwa, Tschechien oder Griechenland.“ Hätte der Sanitätsbetrieb diesen Einkauf übernehmen müssen, wäre eine europaweite Ausschreibung unumgänglich gewesen. „Für 50 Paare ausschreiben?“, sagt Martha Stocker, „Da ist es doch klüger, sich einem privaten Zentrum anzuschließen.“
Besonders groß ist die Auswahl hierfür nicht: Südtirolweit kümmern sich nur zwei Zentren überhaupt um die heterologe Befruchtung: Bruno Engls „Donna Salus“ in Bozen und die 2001 gegründete Meraner Klinik „EUBIOS“. Der erste ausländische Ableger der Bregenzer „Dr. Zech“-Klinik betreut seit nunmehr 16 Jahren Paare mit unerfüllten Kinderwünschen – und hat gegenüber dem Brunecker Ex-Primar einen erheblichen Vorsprung. Dennoch hatte Bruno Engl gehofft, in absehbarer Zeit beim Eizellen-Import mitmischen zu dürfen. „Das Land muss jetzt entscheiden, ob es die Ausschreibung macht“, sagte er der TAGESZEITUNG im Juli, „und ob es dafür einen Beitrag zahlt.“
Eine Entscheidung hat Martha Stocker tatsächlich getroffen – und Bruno Engl dabei vor den Kopf gestoßen: Im Beschluss, den die Landesregierung am Dienstag verabschiedete, wird der Sanitätsbetrieb beauftragt, die Zusammenarbeit mit nur „einer privaten Einrichtung“ anzustreben, die die „angemessene Anzahl von frischen Eizellen im Zeitraum 2016-2018“ zur Verfügung stellen kann. Die Krux: Besagte Einrichtung muss eine „Autorisierung, die institutionelle Akkreditierung und die Zertifizierung“ des nationalen Transplationszentrums besitzen – Dokumente, die Donna Salus derzeit (noch) nicht vorweisen kann. Wurde die Privatklinik bewusst ausgeschlossen?
„Ich weiß nicht, warum man uns nicht in Betracht gezogen hat“, sagt Bruno Engl, „ich hoffe nicht, dass es einen Grund gibt, uns abzustrafen.“ Mehr, so der Ex-Primar, könne er im Augenblick auch nicht sagen. Nur so viel: „Sie werden in den nächsten Tagen sicher noch mehr von uns hören.“
Für Martha Stocker, die dem Meraner Reproduktionszentrum „EUBIOS“ erst im letzten Jahr einen öffentlichkeitswirksamen Besuch abstattete, ist die Auswahl hingegen Sache des Sanitätsbetriebs: „Welches Zentrum ausgewählt wird, hängt davon ab, wer das bessere Angebot macht“, sagt die Gesundheitslandesrätin, „aber natürlich wird es eine genaue Überprüfung vonseiten der Hygienebehörden geben.“ Klingt beinahe so, als hätte man die Entscheidung bereits getroffen.
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