Korruptes Land?
Die Südtiroler finden die illegale Entsorgung von Sperrmüll schlimmer als die Korruption. 44 Prozent der SüdtirolerInnen sind bereit, Rechnungen schwarz zu zahlen. Und für 47 Prozent ist Abschreiben in der Schule schlimm.
von Artur Oberhofer
Kann man Korruption verhindern oder gar bekämpfen?
31,3 Prozent der Südtiroler sind der Meinung, dass dies ein Kampf gegen Windmühlen ist. 44,4 Prozent glauben hingegen nicht, dass die Korruption ein Merkmal der Gesellschaft ist und gehen davon aus, dass es auch ohne Schmieren geht.
24,3 Prozent sind „nicht wirklich“ mit der Aussage einverstanden, dass Korruption etwas Selbstverständliches sei.
Diese Daten gehen aus einer Erhebung des Astat zum Internationalen Tag gegen die Korruption hervor, der am 9. Dezember begangen wird.
Wie sehr eine Gesellschaft „resistent“ gegen Korruption ist, lässt sich auch anhand der Zahlen zur Bereitschaft der Anzeige von Korruption messen. Genauer gesagt ist die Gefahr bei einer Entscheidung für eine Anzeige ein Indikator für die „wahrgenommene Freiheit“, innerhalb welcher die Bürger ihre Rechte geltend machen können.
In Südtirol stimmen 15,0% der Bevölkerung der Aussage, dass es gefährlich sei, Korruption anzuzeigen, sehr zu. Weitere 44,3% der SüdtirolerInnen sind der Meinung, dass eine Anzeige von Korruption „gewisse Risiken“ mit sich bringe. Umgekehrt denken 17,0%, dass eine solche Anzeige überhaupt nicht gefährlich sei.
Interessant: Wenn es darum geht, Rechnungen schwarz zu zahlen, legen die SüdtirolerInnen ihre Scheinheiligkeit ab. So würden 44,3% der SüdtirolerInnen schwarz zahlen. Genauer gesagt wären 35,0% dazu bereit, wenn es sich für sie auszahlt, und 9,3%, um weitere Diskussionen zu vermeiden.
Ähnliche Ergebnisse zeigen sich auch bei den Fragen nach dem Verhalten der Südtiroler Bevölkerung bei einem solchen Vorschlag durch einen Händler oder Gastwirt.
Die Ungesetzlichkeit hängt auch damit zusammen, wie schlimm einige Verhaltensweisen, die mehr oder weniger direkt mit dem Phänomen zusammenhängen, von der Gesellschaft wahrgenommen werden. Wie sieht es diesbezüglich in Südtirol aus?
Den Sperrmüll einfach irgendwo abstellen wird von der Südtiroler Bevölkerung nicht akzeptiert:
Diese Verhaltensweise erreicht eine durchschnittliche Bewertung von 9,5 auf einer Skala von 0 bis 10, wobei 10 für sehr schlimm steht.
Als fast genauso schlimm werden Korruption und Amtsmissbrauch angesehen. Keine Steuern zu bezahlen wird zwar etwas weniger stark verurteilt, erreicht aber immerhin eine durchschnittliche Bewertung von 8,6.
Und wie steht es in Südtirol um die Steuermoral?
70,1% der Südtiroler Bevölkerung sind der Meinung, dass Steuerhinterziehung in keinem Fall gerechtfertigt sei. 29,9% finden hingegen, dass sie unter bestimmten Umständen gerechtfertigt sein könnte. Die meisten dieser letzten Gruppe (17,5% der Bevölkerung) denken, dass es akzeptabel wäre, keine Steuern zu zahlen, wenn der dafür erhaltene Dienst schlecht sei. Weitere 7,9% würden Steuerhinterziehung damit rechtfertigen, dass sich nicht alle Bürger an die Steuerzahlungspflicht hielten.
Bei beiden Begründungen wird die Bezahlung der Steuern als gesellschaftliche Übereinkunft angesehen.
Auch in Bezug auf die „Raccomandati“ gibt es interessante Zahlen:
Fast ein Viertel der Südtiroler Bevölkerung (23,5%) denkt, dass eine persönliche Empfehlung für eine Stelle gerechtfertigt sei, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, eine Arbeit zu finden. 28,2% finden dieses Vorgehen richtig, wenn jemand die Stelle verdiene.
Für 46,9% der Südtirolerinnen und Südtiroler ist das Abschreiben in der Schule schlimm bzw. sehr schlimm. 53,1% sind genau gegenteiliger Meinung.
Genauer gesagt denken die meisten (53,1%) diesbezüglich, dass Abschreiben dem schade, der abschreibt, und dass es sich also um ein individuelles Verhalten ohne Folgen für die anderen handle.
27,5% der Bevölkerung bewerten das Abschreiben in der Schule hingegen als negativ auf sozialer und normativer Ebene: sie sehen es als Verstoß gegen die Regeln und als Zeichen von fehlendem Respekt gegenüber den Lehrpersonen und verdienstvollen Mitschülern.
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