„Die Katze lässt das Mausen nicht“
Alt-LH Luis Durnwalder gesteht nach dem Referendum: Schutzklausel und Einvernehmen seien ihm zu wenig gewesen. Und er erklärt: Warum HC Strache nicht Kanzler wird.
TAGESZEITUNG Online: Herr Alt-Landeshauptmann, Sie sind für Ihren exzellenten politischen Riecher bekannt. Haben Sie den Wahlsieg von Alexander Van der Bellen vorausgesehen?
Luis Durnwalder: Ich habe den Sieg Van der Bellens nicht nur vorausgesehen, sondern mit österreichischen Politikern darauf gewettet. Ich habe immer gesagt: Letzten Endes sind die Österreicher so vernünftig und wählen einen international anerkannten Menschen, unabhängig davon, ob er ihnen sympathisch ist oder nicht. Die Österreicher waren von beiden Kandidaten nicht weiß Gott wie begeistert.
Bleibt Österreich ein tief gespaltenes Land?
Es ging insbesondere darum, nach außen zu zeigen, dass nicht alle Länder in Europa nach rechts gehen. Die Botschaft ist: Es sind noch Leute da, die es schätzen, in einem gemeinsamen Europa in Frieden zu leben, die sich in diesem Europa zu Hause fühlen, auch wenn Fehler gemacht wurden. Es war wichtig zu zeigen, dass es in Europa nicht nur Orbans gibt und Briten, die sich aus Europa ausklinken, auch wenn sie es heute schon wieder bereuen. Die Österreich wollten, dass ihr Land zu den Verträgen mit Europa steht und kalkulierbar bleibt.
Was bedeutet das Resultat für die Kanzlerschafts-Ambitionen von Freiheitlichen-Obmann Heinz Christian Strache?
Nicht allzu viel! Für Strache wäre es viel schlechter gewesen, wenn Hofer gewonnen hätte. Denn ich glaube nicht, dass man in Österreich will, dass alle Macht in einer Partei liegt. Wenn Hofer gewonnen hätte, wäre die Situation für Strache aussichtslos gewesen. Aber ich denke, dass es auch so für Strache nicht klappen wird. Alles schön und gut, dass man es denen da oben zeigen will, aber wenn es drauf ankommt, denken die Leute an ihre eigene Haut. Die Regierung in Österreich mag das eine oder andere versäumt haben, aber das Land steht im internationalen Vergleich nicht nur gut, sondern sehr gut da.
Zum Referendum. Jetzt können Sie es laut sagen: Sie tendierten eher zum Nein?
Wenn man die gesamte Situation berücksichtigt, also die Frage der Stabilität, dann kann ich die Nein-Sager nicht ganz verstehen. Europa hat so große Schwierigkeiten, Europa kann eine Unsicherheit und Instabilität in Italien nicht gebrauchen. Was Südtirol anbelangt, hatte ich tatsächlich große Bedenken, weil die Absicherung zu wenig war, weil mir das sogenannte Einvernehmen zu wenig war. Eine Minderheit muss immer Angst vor dem Zentralismus haben. Wenn der Zentralismus eingeführt wird und eine Partei alleine regieren kann, dann haben die Kleinparteien überhaupt nichts mehr zu melden, weil man sich nicht mehr zum Regieren braucht.
Davor hatten Sie Angst?
Der zentralistische Geist verheißt für Minderheiten nichts Gutes. Wie oft wurde mir in meiner Zeit zugesichert, dass man uns von dem, was wir haben, nichts wegnehmen würde. Das war auch kurz nach der Streitbeilegung mit Andreotti und De Michelis so. Wir haben hart kämpfen müssen., weil immer wieder versucht wurde, uns etwas zu nehmen …
Das wird vermutlich immer so bleiben …
Ja, weil die Katze lässt das Mausen nicht. Wenn dann noch der zentralistische Geist dazu kommt …
Der Kampf um die Autonomie wird ein ewiger Kampf bleiben?
Ja, denn wir müssen uns dessen bewusst sein, dass wir nur einen Prozent der Bevölkerung ausmachen. Deswegen müssen wir zusammenhalten, uns gemeinsam wehren und immer auf der Hut sein.
Interview: Artur Oberhofer
LESEN SIE IN DER PRINT-AUSGABE:
- Warum Alt-LH Luis Durnwalder seiner Partei geraten hätte, sich zu enthalten.
- Warum die Arbeit der Südtiroler Parlamentarier in Rom viel schwieriger werden könnte.
- Und: Warum Durnwalder „große Bedenken“ gegen Schutzklausel und Einvernehmen hatte.
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