Zeller vs. Peterlini
Was Karl Zeller und Oskar Peterlini am Mittwoch bei einer Anhörung im Südtirol-Ausschuss des österreichischen Parlaments sagten.
SVP- Senator Karl Zeller, Vorsitzender der Autonomiegruppe im Senat, erläuterte am Mittwoch, im Rahmen einer Anhörung im Südtirol-Ausschuss des österreichischen Parlaments, die Gründe für das Ja beim anstehenden Verfassungsreferendum.
„Die Bewertung dieser Reform muss aus Sicht der Südtiroler Interessen erfolgen und nicht aus jener der Normalregionen, die sich vielfach sogar mit der zentralistischen Grundausrichtung der Reform einverstanden erklärt haben“, so Zeller.
„In dieser Reform wurden die wesentlichen Forderungen Südtirols erfüllt. Die Sonderautonomien werden in dieser Verfassungsreform vor allem dank der Schutzklausel gestärkt. Diese besagt, dass der neue Titel V der Verfassungsreform nicht auf Südtirol angewendet wird. Zudem wurde, erstmals seit 70 Jahren, das Einvernehmensprinzip in der Verfassung verankert, das heißt ohne Einverständnis des Landtages kann das Autonomiestatut nicht mehr einseitig vom italienischen Parlament abgeändert werden. Heute kann Südtirol ja nur ein nichtbindendes Gutachten abgeben.“
„Dank der Dynamisierungsklausel wird es für Südtirol möglich sein, neue, wichtige Kompetenzen wie z.B. den Umweltschutz über ein erleichtertes Verfahren zu erhalten“, so Zeller.
Dass die Sonderautonomien gestärkt aus dieser Reform hervorgehen, sei sogar eines der Hauptkritikpunkte von renommierten italienischen Verfassungsrechtlern, betonte der SVP-Senator. Aus Südtiroler Sicht positiv sei auch, dass in der Reform nicht mehr von der Region Trentino-Südtirol gesprochen wird, sondern ausschließlich von den beiden Autonomen Provinzen von Bozen und Trient, die künftig im neuen Senat mit je zwei Senatoren vertreten sein werden.
„Die Sonderautonomien werden im neuen Senat stärker vertreten sein als heute: anstatt den derzeitigen sieben Senatoren von 315, stellen die Minderheiten in Zukunft sechs Senatoren von 100.“
Bei einem negativen Ausgang dieses Referendums würde es bei einer nächsten Verfassungsreform, angesichts der negativen Stimmung im Parlament gegen die Autonomien, deutlich schwieriger Südtirols Interessen durchzusetzen oder gar nochmals ein Einvernehmen durchzusetzen. Zeller verwies dabei darauf, dass alle Reformversuche nach 2001 eine Rezentralisierung zum Ziel hatten. „Es ist äußerst fraglich, ob Südtirol dann wiederum ein solches Gewicht haben wird, um durchzusetzen, was in dieser Reform erreicht werden konnte.“
Dann betonte Zeller auch die Wichtigkeit der Effizienz des italienischen Staates für die Südtiroler Wirtschaft. „Hauptziel dieser Reform ist das komplizierte italienische Gesetzgebungsverfahren durch die Abschaffung des schwerfälligen perfekten Zweikammer-Systems zu vereinfachen und die Entscheidungsprozesse zu beschleunigen .“ Der Senat wird aber in für Südtirol zentralen Bereichen wie Verfassungsänderungen (z.B.Änderung des Autonomiestatuts) oder Gesetze zum Schutz der Minderheiten weiter gleichberechtigt mit der Abgeordnetenkammer legiferieren, und dies sei für Südtirol entscheidend.
Während Zeller die Reform zwar als zentralistisch kritisierte, aber auf die Kraft der Schutzklausel für Südtirol setzte, warnte Oskar Peterlini vor den negativen Auswirkungen der zentralistischen Reform.
Nach einer zaghaften föderalen Reform im Jahre 2001, die auch Südtirols Autonomie besser eingebettet habe, drehe sich nun mit der Refom der Wind in die gegenteilige Richtung, berichtete Peterlini. Alle Macht verlagere sich nach Rom, die Regionen werden ihrer Zuständigkeiten entkleidet. Der Zentral-Staat werde mit einer Suprematie-Klausel gestärkt, der es ihm erlaubt, in die wenigen, verblieben Zuständigkeiten der Regionen einzugreifen. Auch das nationale Interesse werde als scharfes Skalpell wieder eingeführt. Die Zentralisierung des Staates sei gefährlich für eine Minderheit und eine Autonomie, betonte Peterlini.
Die Übergangsbestimmung biete keinen echten Schutz und keine Gewähr für einen echten Ausbau der Autonomie, sondern zwinge Südtirol in ein enges Korsett neuer zentralistischer Vorgaben. Es sei kein Veto-Recht für den Landtag bei der Überarbeitung des Autonomiestatutes vorgesehen. Wenn es zu keinem Einvernehmen komme, könne das Parlament einseitig das Autonomiestatut ändern.
Es sei ein Irrtum zu glauben, dass Südtirol auf Dauer von den vielen negativen Auswirkungen dieser Reform geschützt bleiben könne.
Durch den Umbau des politischen Systems mit dieser Verfassungsreform und dem damit zusammenhängenden neuen Wahlrecht ITALICUM, würden das Parlament insgesamt geschwächt und die Siegerpartei bei Wahlen übermäßig gestärkt.
Eine Partei mit auch nur 30 Prozent der Stimmen, erhalte nach einer Stichwahl 54% der Sitze in der Abgeordnetenkammer. Die wenigen Südtiroler Vertreter in der einzig bedeutungsvollen Kammer würden damit auch ihr Gewicht verlieren, das sie bei knappen Mehrheiten bisher einsetzen konnten.
Die Reform sehe auch keine internationale Absicherung von Südtirols Autonomie im Zuge der Verfassungsrefom vor. Ein mögliches Schreiben Renzis an die österreichische Regierung, biete keine Garantie und sei bei weitem kein internationales Abkommen. Politiker kommen und gehen, warnte Peterlini, die Verfassung bleibe, möglicherweise für 30 oder 50 Jahre.
Eine Zustimmung Südtirols wäre fatal, ein Ja zum Zentralismus würde bedeuten, dass man sich der neuen, autoritären Staatsordnung freiwillig unterordnet, so Peterlini.
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