„Deutlicher Akzent“
Abtreibung ist und bleibt eine schwere Sünde, so Bischof Ivo Muser. Dennoch: „Es gibt keine unvergebbare Sünde, wenn wir sie zugeben und um Vergebung bitten.“
Abtreibung bleibt für die katholische Kirche und auch für Papst Franziskus eine der schwersten Sünden überhaupt. Dennoch haben katholische Priester künftig dauerhaft das Recht, Frauen von der „Sünde der Abtreibung“ loszusprechen. Dies schrieb Papst Franziskus in einem apostolischen Brief zum Abschluss des Heiligen Jahres.
TAGESZEITUNG Online hat bei Bischof Ivo Muser nachgefragt, was er zu dieser Entscheidung des Papstes sagt und wie die Lossprechung in Südtirol geregelt ist.
Mit seinem Schreiben „Misericordia et misera“ verbindet Papst Franziskus ein klares Anliegen: Auch wenn die mehr als 10.000 symbolischen Pforten des Heiligen Jahres der Barmherzigkeit überall in der Welt wieder geschlossen worden sind, bleibt die Tür zur Barmherzigkeit Gottes für immer offen. Jesus Christus ist diese Tür.
Das ganze Schreiben „wirbt“ für die Wichtigkeit der Beichte in ihrer heilenden, versöhnenden und befreienden Kraft.
In der Nummer 12 seines Schreibens sagt der Papst ein Zweifaches: „Ich möchte nochmals mit all meiner Kraft betonen, dass Abtreibung eine schwere Sünde ist, da sie einem unschuldigen Leben ein Ende setzt. Mit gleicher Kraft kann und muss ich sagen, dass es keine Sünde gibt, die durch die Barmherzigkeit Gottes nicht erreicht und vernichtet werden kann, wenn diese ein reuevolles Herz findet, das um Versöhnung mit dem Vater bittet“. Mit anderen Worten: Abtreibung ist und bleibt eine schwere Sünde. Es gibt aber keine unvergebbare Sünde, und sei sie noch so groß, wenn wir sie zugeben und um Vergebung bitten.
In unserer Diözese Bozen-Brixen hat schon Bischof Joseph Gargitter im Jahr 1966 allen Diözesanpriestern die Vollmacht gegeben, von der Exkommunikation, die durch die schwere Schuld der Abtreibung eintritt, loszusprechen. Diese Vollmacht wurde 1979 auch auf alle Ordenspriester ausgedehnt, die in unserer Diözese wirken. Konkret ändert sich also durch das neue päpstliche Schreiben in unserer Diözese nichts.
Papst Franziskus will aber einen deutlichen weltkirchlichen, universalen Akzent setzen. Er weiß sich ganz dem Wort des Hl. Augustinus verpflichtet, der gesagt hat: „Ich hasse die Sünde, aber liebe den Sünder.“
Nichts soll und darf der Vergebung Gottes im Wege stehen! Gott handelt nicht nur barmherzig, er ist Barmherzigkeit. Gerechtigkeit und Barmherzigkeit dürfen nicht zu Gegensätzen erklärt werden. Beichtväter sollten nach dem Wunsch des Papstes auf dem Weg der Versöhnung „Führer, Halt und Trost“ sein.
Ich bin dem Papst sehr dankbar, dass er durch viele seiner Worte und durch konkrete Zeichen uns alle daran erinnert, wovon wir leben: von der Barmherzigkeit Gottes und von der Vergebungsbereitschaft untereinander.
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