Pass mit Tücken
In wenigen Monaten feiert das Erfolgsmodell „Südtirol Pass“ sein fünfjähriges Bestehen. Für den individuellen Nutzer im öffentlichen Nahverkehr bleibt es mitunter dennoch schwer zu durchschauen.
von Anton Rainer
Thomas R. (Name von der Redaktion geändert) hat genau nachgerechnet. Seit er seinen „Südtirol Pass“ im Juli 2013 zum ersten Mal mit neuem Guthaben auflud, verglich der Rentner aus Lana regelmäßig und penibel Ausgaben und gefahrene Kilometer – um dann zu einem für ihn logischen Schluss zu kommen:
„Mir fiel auf, dass diese Abbuchungen nicht mit den beanspruchten Fahrten übereinstimmen können.“ Tatsächlich zeichnen die in einer chronologisch strukturierten Tabelle aufgeführten Entwertungen ein kurioses Bild: 1-Cent-Beträge, die ohne erkennbare Gegenleistung abgebucht werden oder Stadtausflüge an Tagen, an denen Thomas R. sein Haus nicht verließ. Was bitte soll das?
Anfang September wandte sich der laut eigenen Angaben „minderbemittelte Rentner“ mit seinen Sorgen an Mobilitätslandesrat Florian Mussner, der nur einen Monat später in einem zweiseitigen Brief antwortete. Darin enthalten: Antworten und Informationen für ein komplexes Problem. „Die Fahrten mit Südtirol Pass werden am Ende eines jeden Tages provisorisch berechnet und im geschätzten Guthaben des Südtirol Pass berücksichtigt.“, schreibt Mussner.
„Diese Entwertungen werden mit den effektiven Tarifkilometern provisorisch abgebucht, da im Moment der Entwertung nicht bekannt ist, ob ein Fahrgast mehrere Teilstrecken zurücklegt.“ Dann nämlich wäre eine andere Tarifklasse vonnöten – und der endgültige Preis entsprechend höher oder niedriger.
Erst zu einem späteren Zeitpunkt werden die Fahrten laut Auskunft des Mobilitätslandesrates dann „konsolidiert, also definitiv berechnet.“ Dann rechnet das System jede einzelne Entwertung nochmals definitiv durch und fügt eventuell mehrere Teilstrecken zu einer Fahrt zusammen.
Eine logische Erklärung, die den individuellen Nutzer dennoch vor ziemliche Schwierigkeiten stellt: Wie soll er, ob im Web-Interface oder „beim Südtirol Pass Büro“, seine Fahrten kontrollieren, wenn er nicht weiß, wann sie wie auch immer endgültig abgerechnet und konsolidiert werden. Und welche Aussagekraft hat das „verbleibende Guthaben“ auf dem jeweiligen Südtirol Pass, wenn es am Ende des Tages nur geschätzt wird?
Antworten gibt es im Amt für Personenverkehr des Landes: „Grundsätzlich ist das System sogar sehr transparent“, erklärt die stellvertretende Direktorin Karin Brenner, „sowohl vor der Fahrt als auch danach lassen sich die einzelnen Fahrten über die App und online nachvollziehen.“ Das Problem seien vielmehr die vor allem auf Bergstrecken schlechten Internet-Verbindungen der Busse.
„Da kann es schon mal Tage oder Wochen dauern, bis die Fahrten in das System überspielt werden“, sagt Brenner. Die Folge: Verwirrung bei Nutzern, die ihre Tarife gerne centgenau abrechnen.
Auch aus diesem Grund versucht man im Mobilitätsressort weiterhin, „die Fahrgastinformation zu optimieren und den öffentlichen Nahverkehr transparent und nutzerfreundlich gestalten.“
So zumindest kündigte es Landesrat Florian Mussner bei der Vorstellung einer neuen Info-Broschüre zum System Südtirol Pass vor wenigen Tagen an.
Die Herausforderung: Selbst nach fünf Jahren Aufklärung und regelmäßiger „leicht verständlicher Kommunikation“ fühlen sich Menschen wie Thomas R. offensichtlich noch nicht ausreichend informiert.
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