Gelbe Augen
Im Bozner Methanol-Prozess erzählt der Arbeitgeber des mutmaßlich von seiner Ehefrau ermordeten tschechischen Äpfelklaubers Erschreckendes: Bei jedem Besuch von Jana Surkalova sei Josef Surkala erkrankt.
Von Thomas Vikoler
War der Methanol-Mord von Pfatten, den die abwesende Angeklagte bestreitet, ein Mord auf Raten? Ein Art Experiment der eigenen Ehefrau, um zu testen, wie der Körper von Josef Surkala reagiert.
Dieses Szenario steht nun im Mordprozess gegen Jana Surkalova, die nunmehrige Witwe, am Bozner Landesgericht im Raum.
Angedeutet hat es zunächst Polizei-Fahndungsleiter Giuseppe Tricarico, der davon berichtete, dass die Angeklagte ihren Ehemann im Herbst 2013 insgesamt dreimal besucht hat. In den vorangegangenen fünf Jahren hingegen nie.
Was es damit auf sich hat, berichtete im Zeugenstand der frühere Arbeitgeber Surkala, der Leiferer Obstbauer Alois Defranceschi.
Nach dem ersten Besuch von Jana Surkala im Oktober 2013 habe der äpfelklaubende Ehemann einige Tage aus Krankheitskünden pausieren müssen, sagt der Zeuge. „Er hatte gelbe Augen und hat sich erbrochen“. Im November der zweite Besuch der Gattin: Wieder gelbe Augen, wieder Erbrechen. Beim dritten Besuch der Ehefrau im Dezember habe sich Surkala in einem „erbarmungswürdigen Zustand“ befunden, wie Defranceschi berichtet. Jeweils Indizien für eine Methanol-Vergiftung, die bekanntlich mit einer Beeinträchtigung der Seh-Fähigkeit verbunden ist?
Am Nachmittag des 12. Dezember fuhr der Erntehelfer aus Tschechien bekanntlich mit einem Auto gegen einen Baum, er litt am Morgen nach dem ominösen Trinkgelage in einer Wohnung in Pfatten unter Sehschwäche. Um 6.00 Uhr früh des darauffolgenden Tages wurde Surkala in die Erste Hilfe des Bozner Spitals gebracht. Um 11.25 verstarb er ebendort – eine Methanolvergiftung, für die die Staatsanwaltschaft seine Ehefrau verantwortlich macht.
Defranceschi nennt im Zeugenstand ein weiteres interessantes Details: Jana Surkalova habe sich mit ihm im Wartesaal des Krankenhauses über eine etwaige Einäscherung der Leiche ihres Mannes unterhalten. Zu einem Zeitpunkt als noch Hoffnung bestand, dass Josef Surkala überleben könnte. „Sie hat gesagt, ich sollte ihr die Urne nach Tschechien schicken“, sagt der Zeuge, „die Versicherung würde das Geld für die Einäscherung rückerstatten“.
Welche Versicherung?
Die auf Surkala laufende Lebensversicherung war wenige Monate vor seinem Tod am 13. Dezember 2013 abgelaufen, weil die Raten nicht eingezahlt worden waren. Wusste Jana Surkalova nichts davon?
Die Ehefrau fuhr jedenfalls ein Stunde vor dem Ableben ihres Mannes im Auto von zwei weiteren Äpfelklaubern in Richtung Tschechien. Laut ihrer Aussage, um die beiden Söhne nach Bozen zu bringen, die ihrem Vater besondere Kraft gäben. Zwischen Sterzing und Brenner wurde ihr von Alois Defranceschi die Todesnachricht überbracht. Jana Surkalova musste umkehren.
Fahndungsleiter Tricarico berichtet von den Ermittlungen in Tschechien mit der Beschlagnahme eines Kanisters mit acht Liter Methanol (angeblich ungeöffnet) und des Computers von Frau Surkalova am 11. März 2014. Auf dem Computer: Ein Video, das die Frau im Februar zusammen mit dem Fußballtrainer ihres Sohnes zeigt. Küssend. „Auf die Wange?“, fragt Staatsanwalt Giancarlo Bramante, der künftige Oberstaatsanwalt. „Nein, auf dem Mund“, antwortet der Zeuge.
Der Prozess, der am 22. November fortgesetzt, besteht derzeit in einer Indizien-Sammlung. Ein Beweis für den vermuteten Giftmord gibt es bisher nicht und wird es wohl auch nicht geben.
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