„Auf den Wecker gehen“
Im Südtiroler Landtag ging es um die spannende Frage: Wo liegt die Grenze zwischen fragen und nerven? Dürfen Bürgermeister den Abgeordneten die Auskunft verweigern?
von Artur Oberhofer
Oswald Schiefer gestand ganz offen: „Auch zu meiner Zeit als Bürgermeister habe ich nicht auf alle Fragen geantwortet.“ Manche Anfragen seien einfach absurd gewesen. „Manchmal will man den Gemeinden einfach nur auf den Wecker gehen“, so der SVP-Landtagsabgeordnete.
Im Südtiroler Landtag ging es am Mittwoch um die spannende Frage: Dürfen Gemeinden dem Südtiroler Landtag Auskünfte verweigern? Und; Wie lästig und neugierig dürfen Abgeordnete (der Opposition) sein?
Andreas Pöder von der BürgerUnion hat einen Beschlussantrag („Kürzung der Gemeindenfinanzierung für Verweigerung von Transparenz gegenüber dem Landtag“) eingebracht. Dieser Antrag sah vor, dass die Zuwendungen aus dem Landeshaushalt an jene Gemeinden, die sich weigern, Landtagsanfragen zu beantworten, genau um jenen Bruttobetrag gekürzt werden, die die Gehälter des Bürgermeisters und aller Gemeindereferenten zusammen im entsprechenden Haushaltsjahr ausmachen.
Der BürgerUnion-Abgeordnete begründete seinen Antrag wie folgt: „Es kommt immer häufiger vor, dass Gemeinden dem Südtiroler Landtag Auskünfte verweigern, es gibt sogar einige Gemeinden, die mitgeteilt haben, dass sie keine Landtagsanfragen mehr beantworten.“
Diese Verweigerung von Transparenz gegenüber dem Landtag könne im Sinne einer Kontrollfunktion des Landtages und im Sinne seiner Verantwortung auch über die Verwendung der aus dem Landeshaushalt den Gemeinden zugesprochenen Gemeindefinanzierungen nicht hingenommen werden, argumentierte Pöder.
Der Landtag habe, nachdem er auch über den großen Posten der Lokalfinanzen im Landeshaushalt zu befinden hat, die Pflicht, über die Verwendung dieser Finanzen und auch über einzelne, damit zusammenhängende Gebarungen der Gemeinden Auskünfte einzuholen. „Verweigert dies ein Bürgermeister oder ein Gemeindeausschuss, so muss der Landtag dagegen vorgehen”, so Andreas Pöder
In dasselbe Horn bliesen auch die Freiheitlichen. Walter Blaas erklärte, er unterstützte den Antrag Pöders „voll und ganz“. Viele Gemeinden verweigerten auf Anraten von LR Arnold Schuler dem Landtag die Auskunft. So würden die Landtagsabgeordneten „auf die Schippe genommen“, ihre Kontrollfunktion werde unterlaufen.
Oswald Schiefer warf ein: Blaas habe mit seinen Anfragen an die Gemeinden einfach den Bogen überspannt. Mit Blaas’ „Anfragewut“ seien übrigens auch nicht alle Oppositionsvertreter einverstanden. Auf vernünftige und berechtigte Fragen würden die Gemeinden weiterhin antworten, so Schiefer.
Pius Leitner von den Freiheitlichen meinte, das Landtagspräsidium müsse ein Machtwort sprechen, denn es gehe ausschließlich um das Anfragerecht eines Abgeordneten. Ein Abgeordneter habe das Recht auf eine Antwort. Die Lösung, die Pöder vorschlage, sei zwar „nicht besonders klug“, aber auf jeden Fall müsse aber das Informationsrecht der Abgeordneten gewahrt bleiben.
Ähnlich die Argumentation von Myriam Atz Tammerle (STF).
Die Kürzung der Bürgermeisterentschädigung sei nicht die richtige Lösung, aber das Kontrollrecht der Abgeordneten müsse gewahrt werden. Oft seien es die Bürger, die die Abgeordneten um diese Anfragen bäten, weil sie von ihrer Gemeinde keine Auskunft bekämen.
Brigitte Foppa (Grüne) bezeichnete das Anliegen als berechtigt. Es sei ein Konflikt aufgetreten, der auch Aufschluss gebe, wie die Macht im Lande verteilt sei, aber der Konflikt sei auf die Spitze getrieben worden. Ihre Anfragen seien immer beantwortet worden, eine grundsätzliche Verweigerung sei auch nicht akzeptabel. Man solle eine Aussprache mit den Gemeinden suchen.
Präsident Roberto Bizzo zitierte daraufhin ein Gutachten des Regionalrats zur Frage. Demnach hätten die Gemeinden nur eine Auskunftspflicht, wenn es um Sachgebiete gehe, die ihnen von Land oder Region delegiert wurden.?LH Arno Kompatscher verwies auf die Geschäftsordnung, die die Auskunftspflicht für die Landesregierung und den ihr unterstellten Organen vorsehe.
Die Gemeinden seien dem Land nicht mehr untergeordnet, sie hätten ihre eigenen Kontrollorgane. Das Instrument der Anfrage habe also auch Grenzen, die vielleicht in den letzten Jahren nicht so streng beachtet worden seien. „Daher ist es auch zur Eskalation gekommen“, so der LH.
Arno Kompatscher wörtlich:
„Man kann die Gemeinden nicht mit Anfragen überlasten, die den Sinn der Kontrollfunktion überschreiten, ich plädiere für eine pragmatische Lösung.“
In seiner Replik sagte Andreas Pöder, man dürfe sich von den Gemeinden nicht auf der Nase herumtanzen lassen.
Nichtsdestotrotz wurde der?Antrag mit 6 Ja, 20 Nein bei 3 Enthaltungen abgelehnt.
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