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„Sonst passiert gar nichts“

kinder-deegWarum die Landesregierung in Sachen Kleinkinderbetreuung den Gemeinden das Messer an den Hals setzt: Familienlandesrätin Waltraud Deeg über säumige Gemeinden und die Qualitätsdiskussion.

TAGESZEITUNG Online: Frau Landesrätin, haben Sie beim Aufbau der Kleinkinderbetreuung in den Gemeinden auf die Qualität vergessen?

Waltraud Deeg: Die Qualität war und ist für uns stets einer der zentralen Punkte. 2013 haben wir ein Landesfamiliengesetz erlassen, seit 2014 gibt es im Gemeindenverband eine Arbeitsgruppe, die sich mit dem Thema Kleinkinderbetreuung befasst. Seit eineinhalb Monaten arbeiten wir zusammen mit den Eltern und den Gemeindeverwaltern an der Analyse der bestehenden Strukturen. Die Qualitätsdiskussion läuft da selbstverständlich immer mit. Derzeit erarbeiten wir entsprechend Durchführungsverordnungen.

Bis Jahresende sollen alle Gemeinden in Südtirol für zumindest 15 Prozent der Kleinkinder passende Betreuungsplätze schaffen. Viele tun sich schwer…

Das alles kommt gar nicht so plötzlich, wie manche Gemeinden jetzt zu vermitteln versuchen. Dass es in vielen Gemeinden noch gar keine Angebote gibt, sollte gar nicht sein. Es scheint nur logisch, dass die ganze Sache gerade für viele dieser Gemeinden unangenehm ist.

Wie bewerten Sie die Ist-Situation in den Gemeinden?

Wir haben 72 Gemeinden im Blick, wo es bereits Betreuung gibt. Es gab und gibt einige engagierte Gemeindereferenten, in der Mehrzahl Frauen, die sich auch gegen den Widerstand von Kollegen bereits in den vergangenen Jahren sehr für die Kleinkinderbetreuung in ihren Gemeinden engagiert haben. Entsprechend verfügen wir dort über ein gutes Angebot. Umgekehrt scheinen andere Gemeinden eine Anschubhilfe zu brauchen. Ansonsten passiert dort überhaupt nichts.

Welche gesellschaftlichen Entwicklungen machen das notwendig?

Wir müssen nach vorne blicken. Auch die familiären Netzwerke auf dem Land werden dünner. Großeltern müssen länger arbeiten, sie können sich oft gar nicht mehr um die Betreuung der Enkel kümmern. Mütter und Väter wollen und müssen arbeiten. Es besteht Handlungsbedarf. Trotzdem muss man sich dauernd noch immer und überall rechtfertigen und erklären, warum hier Maßnahmen gesetzt werden müssen.

Was ist das Problem?

Das Thema Kleinkinderbetreuung ist immer ein ideologisch stark geprägtes Thema. Aber es geht auch um die Kostenfrage. Manche Gemeinden tun sich jetzt mit der Finanzierung schwer. Trotzdem bin ich der Überzeugung, dass wir überall damit beginnen müssen, Angebote zu schaffen. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieses Thema in manchen Gemeinden unterschätzt wird. Dabei muss nicht jede Gemeinde über eine eigene Kita verfügen. In manchen Orten kann es Tagesmütter geben oder man kann eine Konvention mit einer Betreuungsstelle in der Nachbargemeinde abschließen. Hier kann man sehr flexibel vorgehen. Wichtig ist nur, dass der Bedarf gedeckt ist. Alle Gemeinden müssen endlich verstehen, dass die Kleinkinderbetreuung zur Grundversorgung gehört.

Ist Kleinkinderbetreuung in manchen Gemeinden tatsächlich noch keine Selbstverständlichkeit?

Die Diskussionen heute erinnern in weiten Strecken an jene vor 30 Jahren, als es um die Schaffung der Kindergärten ging. Das kann man sich heute kaum mehr vorstellen, aber es war damals ein schwerer Kampf. Und noch etwas: Es stimmt nicht, dass besonders viel Geld in die Betreuung der Kleinkinder geht. Ich erinnere daran, dass jährlich 74 Millionen Euro direkt an die Familien ausbezahlt werden. Im Vergleich dazu geben wir nur zehn Millionen Euro für Betreuungsplätze aus. Allerdings ist hier die Tendenz stark steigend. In den vergangenen Jahren gab es enorme Wachstumsraten bei der Kleinkinderbetreuung, umso wichtiger ist es, immer die Qualität im Auge zu behalten.

Interview: Silke Hinterwaldner

LESEN SIE IN DER PRINT-AUSGABE:

  • Was die Landesrätin zum Umstand sagt, dass viele Betreuerinnen kaum 1.000 Euro netto im Monat verdienen werden.
  • Und: Was Waltraud Deeg zur Forderung der Gemeinden sagt, einen Aufschub bis September nächsten Jahres zu gewähren.

 

 

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