Spende ins Nirgendwo
Noch immer kleben an Kerzenautomaten auf Friedhöfen im ganzen Land Aufkleber der Krebshilfe. Die Käufer gehen davon aus, dass ein Teil des Erlöses dem guten Zweck dient. Aber die Zusammenarbeit wurde vor über einem Jahr beendet.
von Silke Hinterwaldner
„Beim Kauf einer Kerze spenden Sie zwei Cent.“ Diese Information findet sich an einem Kerzenautomaten am Friedhof – nicht nur einmal, sondern gleich in mehrfacher Ausführung.
Wer eine Kerze erwirbt, muss also davon ausgehen, dass ein Teil des Erlöses der Südtiroler Krebshilfe zugute kommt. Das Problem ist nur: Das stimmt gar nicht.
Bereits vor über einem Jahr hat die Krebshilfe die Zusammenarbeit mit dem Kerzenverkäufer beendet. „Damals“, erinnert sich Marcus Unterkircher, Geschäftsführer bei der Krebshilfe Südtirol, „wurde uns versichert, dass die Aufkleber umgehend entfernt werden. Schließlich sollen die Menschen nicht glauben, dass hier etwas gespendet wird, wenn es gar nicht stimmt. Es geht um Transparenz und Glaubwürdigkeit.“
Unterkircher selbst hat erst vor wenigen Wochen über ein Mitglied der Vereinigung erfahren, dass zumindest in einigen Friedhöfen immer noch die Aufkleber der Krebshilfe zu sehen sind. Weil die Frau wusste, dass die Krebshilfe die Zusammenarbeit aufgekündigt hat, meldete sie ihre Beobachtungen. In einigen zufällig ausgewählten Friedhöfen hat sie Stichproben durchgeführt. Das Ergebnis: In St. Lorenzen, Stegen, Mühlbach und Sterzing wurden die Spendenaufkleber bis gestern früh nicht entfernt.
„Das bedeutet“, sagt die Frau im Gespräch mit der TAGESZEITUNG, „dass die Käufer hier in die Irre geführt werden. Die Frage ist jetzt nur: Was passiert mit dem Geld, das eigentlich einem guten Zweck dienen sollte, aber jetzt nicht mehr an die Krebshilfe geht?“ Dabei geht es nicht um enorm hohe Summen. Bei einer Scheckübergabe wurden in jener Zeit als das Geld tatsächlich noch an die Krebshilfe ging, 900 Euro überreicht.
Trotzdem will die Frau nicht glauben, dass die Aufkleber nur zufällig oder aus Nachlässigkeit nicht entfernt wurden. „Zumal“, sagt sie, „seit Beendigung der Zusammenarbeit beinahe zwei Jahre vergangen sind. Beim Auffüllen der Automaten hätte man dauernd die Gelegenheit gehabt, den Schriftzug zu überkleben.“
In Südtirol gibt es mittlerweile mehrere Unternehmen, die auf den Friedhöfen Kerzen aus dem Automaten anbieten. Eines davon ist die Firma Decus mit Sitz in Sand in Taufers, der Ansprechpartner heißt Christian Wieland.
Warum, Herr Wieland, sind die Aufkleber nicht entfernt worden? „Davon weiß ich nichts“, antwortet er, „wir haben eigens neue Aufkleber anfertigen lassen. Mein Mitarbeiter hatte den Auftrag, die alten Blenden zu überkleben.“ Insgesamt stehen auf Südtirols Friedhöfen rund 100 Geräte der Firma Decus, Wieland ist überzeugt davon, dass nur mehr einige wenige die Aufschrift der Krebshilfe tragen. Und dies sei lediglich ein Versehen, er habe wohl „nicht so genau geschaut“. Im selben Atemzug verspricht er, umgehend dafür Sorge zu tragen, dass die Aufkleber in den nächsten Tagen verschwinden. Wieland machte sich gleich im Anschluss an das Telefongespräch mit der TAGESZEITUNG auf den Weg. Er will sich nicht sagen lassen, seine Kunden in die Irre geführt zu haben.
Umgekehrt, heißt es bei der Krebshilfe, könne man nicht sämtliche Friedhöfe in Südtirol abklappern, um zu überprüfen, ob die Blenden tatsächlich wie vereinbart entfernt worden sind. Marcus Unterkircher weiß nur mit Sicherheit, dass dies bei einigen großen Friedhöfen durchaus geschehen ist. „Wenn es aber andernorts nicht passiert ist“, sagt er, „wird die Krebshilfe sicherlich jetzt die notwenigen Maßnahmen ergreifen, etwa indem wir uns an die Gemeinden wenden, die Konzessionen für die Automaten vergeben.“ Aber wenn Christian Wieland mittlerweile Abhilfe geschaffen hat, ist auch die Krebshilfe als ehemaliger Partner zumindest einen Schritt weiter.
Über die Gründe, warum die Zusammenarbeit zwischen Krebshilfe und Decus aufgekündigt wurde, gibt es unterschiedliche Versionen. „Wir“, sagt etwa Krebshilfe-Geschäftsführer Unterkircher, „haben uns entschlossen, die Zusammenarbeit zu beenden, weil sich das Unternehmen nicht an Abmachungen gehalten hat.“ Decus-Chef Wielander wiederum sagt: „Das war einfach nicht mehr drinnen. Die Spesen steigen ständig und wir wollten die Preise für die Kerzen nicht weiter erhöhen.“
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