„Bin fast vom Stuhl gefallen“
Der König von Schweden, Carl XVI. Gustaf, hat Federico Giudiceandrea in Stockholm den Marcus-Wallenberg-Preis überreicht. Das Interview.
Der König von Schweden, Carl XVI. Gustaf, hat Federico Giudiceandrea in Stockholm den Marcus-Wallenberg-Preis überreicht.
TAGESZEITUNG Online hat den Unternehmer Giudiceandrea gefragt, warum seine Erfindung, die Holzindustrie revolutionieren wird.
TAGESZEITUNG Online: Herr Giudiceandrea, sind Sie vom Stuhl gefallen, als Sie erfahren haben, dass Sie den Marcus-Wallenberg-Preis erhalten?
Federico Giudiceandrea: Die Situation, wie ich es erfahren habe, war sehr lustig: Ich war zu einer Konferenz in Schweden eingeladen, um dort einen Vortrag zu halten. Als ich dort war, wurde mir nichts gesagt. Beim Essen im Restaurant waren dann viele Leute, viele Gläser und Champagner. Ich dachte mir nur: Was ist da los? Als ich dann von der Ehre erfahren habe, bin ich wirklich fast vom Stuhl gefallen. Ich habe den 360 Grad Baumstamm Scanner mit dem russischen Mathematiker Alexander Katsevich, der in Florida an der Universität arbeitet, entwickelt. Wir haben ihn angerufen, er glaubte, das sei ein Witz. Wir erhalten den Preis gemeinsam.
Was bedeutet Ihnen der Preis?
Es ist für mich eine riesige Ehre. Schweden ist ein Land, in dem die Holzindustrie eine wichtige Rolle spielt. Ich erhalte nun den wichtigsten internationalen Preis. Das ist eine große Genugtuung und die Krönung von viel Arbeit.
Haben Sie mit der Auszeichnung gerechnet?
Nein, damit habe ich wirklich nicht gerechnet. Ich habe mir zwar gedacht, dass die Erfindung in ein paar Jahren, sobald sie sich durchgesetzt hat, zu großem Erfolg führen wird. Aber dass ich den Preis jetzt bekomme, habe ich mir nicht erträumt. Die Holzindustrie ist sehr konservativ und nicht innovationsfreudig. Neuigkeiten setzen sich nur langsam durch. Es ist erst drei Jahre her, als diese Erfindung eingeführt wurde. Dass Schweden jetzt schon sagt, dass dieser Scanner die Holzindustrie revolutionieren wird, ist außergewöhnlich.
Was kann diese Maschine?
Es ist ein neuartiges Verfahren der Computertomografie. Wichtige mathematisches Probleme waren zu lösen. Die Medizin kann man sich ohne Tomografie nicht vorstellen. Um ein Bild zu erzeugen, muss sich die Maschine einmal um das Objekt drehen. In der Medizin ist es kein Problem, wenn man eine Minute braucht, um das Bild zu erzeugen. Bei einem Stamm hat man in der Industrie nur ein paar Sekunden Zeit, um das Tomogramm zu machen, dann wird geschnitten. Die Technologie, wie sie in der Medizin verwendet wird, erlaubt es nicht, so schnell zu fahren. Denn bei dieser Umdrehungsgeschwindigkeit wären die Fliehkräfte viel zu groß, sodass die Maschine auseinanderfliegen würde.
Die Entwicklung wurde für unmöglich gehalten?
Es wurde nicht für möglich gehalten, einen Tomographen zu entwickeln, der schneller ist, als drei Meter pro Minute. Wir haben dann aber eine neuartige Methode gefunden und haben diese Grenze gebrochen. Dank dieser Entwicklung ist nun schnelle Tomografie möglich. Es wird ermöglicht, Baumstämme in sehr kurzer Zeit zu tomografieren und somit diese Methode für die Säge-Industrie verfügbar zu machen. Früher hat man nur Experimente gemacht. Man wusste, dass man aus einem Baum mehr rausholen kann, wenn man ihn tomografiert. Aber die Methode im Sägewerk anzuwenden, das wurde für unmöglich erachtet. Es brauchte etwas komplett Neues und Bahnbrechendes. Und das ist mir und meinem Kollegen gelungen.
Inwieweit hat der 360 Grad Baumstamm-Scanner die Holzindustrie revolutioniert?
Die schwedische Industrie und Wissenschaft stehen dahinter: Die Erfindung wird die Sägewerk-Industrie radikal ändern. Auch für andere Industrien wird die Erfindung große Bedeutung haben: Die Idee, dass man in Objekte hineinschauen kann, ohne die Objekte oder Verpackungen zu öffnen, wird in anderen Industriezweigen und Sektoren Fuß fassen, vor allem beispielsweise bei der Qualitätskontrolle.
Wie lange haben Sie für die Entwicklung benötigt?
Die Idee ist alt: Die ersten Gedanken darüber habe ich mir vor 16 Jahren, im Jahre 2000 gemacht. Konkret daran gearbeitet haben wir die letzten zehn Jahre.
Den Preis hat der König von Schweden Carl XVI. Gustaf in Stockholm überreicht …
Ja, im selben Gebäude und Saal, in dem auch der Nobelpreis überreicht wird (lacht). Das ist eine große Ehre.
Interview: Erna Egger
DIE ERFINDUNG
Der Südtiroler Unternehmer und Innovationstreiber, Ingenieur Federico Giudiceandrea von der Firma Microtec in Brixen, hat – nach dem Gewinn des Schweighofer Preises 2013 – erneut einen bedeutenden Preis für bahnbrechende Forschung und Entwicklung im CT-Scanner-Bereich erhalten. Die Entwicklung eines für unmöglich gehaltenen 360 Grad Baumstamm-Scanners hat die Holzindustrie revolutioniert. Der Marcus-Wallenberg-Preis zählt zu den wichtigsten Preisen der Holzindustrie. Der Preis ist mit zwei Millionen Kronen, umgerechnet etwa 218.000 Euro dotiert und wurde nun von seiner Majestät, dem König von Schweden Carl XVI. Gustaf, in Stockholm überreicht.
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