Geschädigte SEL
Die Urteilsbegründung der Kassation zum Fall Stein an Stein I lässt keinen Zweifel offen, dass der frühere Direktor Maximilian Rainer der SEL einen Schaden zugefügt hat.
Von Thomas Vikoler
Der Richtersenat am Oberlandesgericht Trient, Außensektion Bozen, unter Vorsitz von Johann Pichler, der Maximilian Rainer am 20. Oktober 2015 vom Vorwurf des Betruges freigesprochen hatte, sollte sich das siebenseitige Dokument genau durchlesen. In diesem wir sein Freispruch buchstäblich zerfetzt, in der Luft zerrissen.
Und das in wenigen Sätzen: „Die argumentative Auslegung des Falles durch das Oberlandesgericht entspricht nicht den bewährten juridischen Zielsetzungen in Sachen Vertragsbetrug“, heißt es auf Seite 2 der Urteilsbegründung der Kassation. Und weiter: „Die Einschätzung des Oberlandesgerichts, wonach kein formelles Verhandlungsverhältnis zwischen dem Verkäufer Parcheggi Italia SpA und der SEL bestanden habe, erscheint völlig falsch“.
Die Kassation hatte, wie berichtet, am 22. September die Verjährung des mutmaßlichen Betrugs zu Lasten der Landesenergiegesellschaft SEL festgestellt und folglich den Freispruch des Oberlandesgerichts aufgehoben. Eine Zivilsektion am Bozner Oberlandesgericht muss nun festlegen, ob Rainer zivilrechtlich verantwortlich gemacht werden kann oder nicht.
Die siebenseitige Urteilsbegründung der Kassation lässt jedenfalls keinen Zweifel offen, dass der frühere Direktor den SEL-Vorstand irrgeführt hat. „Es ist unbestritten, dass sich für die Gesellschaft Stein an Stein Italia Srl, die auf die ursprünglichen drei Angeklagten zurückzuführen ist, aus dem Kauf des Kraftwerks ein Profit ergeben hat, der als ungerechtfertigt zu bezeichnen ist. Sie haben den Verwaltungsrat der SEL in Richtung eines Nicht-Kaufs gelenkt, indem sie das Kraftwerk als nicht interessant darstellten“, schreiben die Kassationsrichter.
Neben Rainer sind hier auch die früheren SEL-Verwalter Klaus Stocker und Franz Pircher gemeint, die wegen desselben Vorwurfs (Betrug gegen die SEL) rechtskräftig verurteilt sind. Ihre Hoffnung, nach einer Bestätigung von Rainers Freispruch ein Revisionsverfahren anstrengen zu können, hat sich bekanntlich nicht erfüllt. Ihnen droht nun ebenfalls eine stattliche Schadensersatzzahlung.
Denn dass die SEL durch das Verhalten Rainers, Stockers und Pirchers geschädigt worden ist, steht für die Kassation zweifelsfrei fest: „Es wurden allein die negativen Aspekte des Geschäfts dargestellt, während Direktor Rainer bis dahin mit einem ganz anderen Tenor Kaufverhandlungen geführt hat. Dass das Kraftwerk schließlich von ihnen gekauft wurde, zeigt, dass das Kraftwerk wirtschaftlich interessant war. Der Gesellschaft ist ein Schaden entstanden“.
Rainer-Verteidiger Carlo Bertacchi bekräftigt dennoch, dass eine zivilrechtliche Verurteilung nicht automatisch sei: „Die Kassation hätte auf meritorische Aspekte gar nicht eingehen dürfen. Die Zivilrichter sind nicht an deren Einschätzung gebunden“.
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