Der Gsieser Witz
Vor vier Jahren hat eine Mehrheit der Bürger in Gsies in einer spektakulären Befragung gegen einen zweiten Umsetzer gestimmt. Jetzt will der Bürgermeister trotzdem einen errichten lassen.
von Silke Hinterwaldner
Die Volksanwältin weist den Bürgermeister zurecht:
Am Montag hat Gabriele Morandell einen Brief an Kurti Taschler geschickt, in dem sie ihn darauf hinweist, dass er auf den Einspruch der Bürgerinitiative St. Magdalena zu antworten hat.
Bereits am 5. August hatte Susanne Bachmann ihren Einspruch im Rathaus von Gsies hinterlegt, aber noch immer hat sie keine Antwort darauf bekommen. Darin wirft sie viele Fragen auf. Und zum Schluss verlangt die Vertreterin der Bürgerinitiative, den Beschluss des Gemeinderates zu annullieren.
Worum es geht: Am 26. Juli hatte der Gemeinderat von Gsies einen Beschluss gefasst, der für viele überraschend kam. Mit den Stimmen der SVP und drei Enthaltungen der Freien Liste Gsies stimmte man grundsätzlich für die Errichtung eines Umsetzers in der Nähe von St. Magdalena und St. Martin. Dieser Beschluss kam deshalb überraschend, weil eine Mehrheit der Bürger in diesen beiden Dörfern vor vier Jahren eine ganz andere Entscheidung getroffen hatte.
An einer spektakulären Bürgerbefragung haben sich am 26. Februar 2012 insgesamt 733 Personen beteiligt, das sind immerhin 61 Prozent aller Wahlberechtigten. Das Ergebnis war mehr als deutlich: 62 Prozent der Wähler haben sich gegen die Errichtung eines Umsetzers ausgesprochen.
Danach war das Thema für einige Zeit vom Tisch. Zwar war weiter unklar, ob und wie man verhindern kann, dass ein Telefonanbieter trotzdem eine Antenne errichtet. Aber so weit kam es schlussendlich nie.
Bis zum Vorstoß von Bürgermeister Kurti Taschler vor drei Monaten. Er forderte erst bei einigen Vereinen und Organisationen im Tal eine – positive – Stellungnahme ein und überzeugte dann seine Gemeinderäte von der Wichtigkeit eines zweiten Umsetzers im Tal.
Sehr zum Ärger der Umsetzer-Gegner. In ihrer Eingabe schreibt Susanne Bachmann von der Bürgerinitiative: „Die Entscheidung des Gemeinderates ist unter eigenartigen Umständen zustande gekommen. Im Vorfeld wurde bei diesem sensiblen Thema keine gründliche Meinungsbildung vorgenommen.“
Anna Renzler gibt ihr in weiten Teilen Recht. „Auch bei uns“, sagt die Gemeinderätin der Freien Liste, „gehen die Meinungen darüber, ob es einen Umsetzer braucht, auseinander. Aber wir sind uns einig darin, dass die Vorgangsweise falsch ist.“
Die Gemeinderäte der Opposition hatten dem Bürgermeister vorgeschlagen, eine Arbeitsgruppe zu bilden, um Gegner, Befürworter und Fachleute an einen Tisch zu holen und über das Thema zu befinden. Aber dieser Vorschlag wurde abgelehnt. Dabei muss gesagt werden: Bürgermeister Taschler war immer schon ein Kämpfer für den zweiten Umsetzer im Tal. Jetzt scheint er zumindest die SVP-Gemeinderäte samt und sonders auf seine Seite gezogen zu haben. Anna Renzler fällt deshalb ein niederschmetterndes Urteil:
„Die Vorgangsweise in dieser Thematik reiht sich ein in eine bisher nie dagewesene, besorgniserregende und demokratiefeindliche, ja ignorante Auffassung von Politik, die seit dieser Amtsperiode in die Gsieser Gemeindestube Einzug gehalten hat.“
Am Donnerstagabend steht für alle Beteiligten ein wichtiger Termin an. Nach der Entscheidung vom Juli treffen sich die Gemeinderäte wieder, um über den geplanten Umsetzer zu reden. Tagesordnungspunkt eins lautet: „Präsentation der Vorschläge der RAS bezüglich Standorte für die Ausweisung einer Zone für öffentliche Einrichtungen – Verwaltung und öffentliche Dienstleistungen“.
Hier kommt Georg Plattner ins Spiel. Schnell ist klar, dass sich der Direktor der Rundfunkanstalt RAS persönlich um die Gsieser Anliegen kümmert. Er erklärt: „Vor kurzem ist die Gemeinde auf uns zugekommen und hat den Wusch nach einem Standort für einen neuen Umsetzer geäußert.“ Die Aufgabe der RAS besteht darin, einen passenden Platz für die Anlage zu finden, ob sie dann tatsächlich errichtet wird, liegt immer noch in den Händen der Gemeindeverwalter.
„Aber“, erklärt Plattner, „der neue Umsetzer ist gesundheitlich absolut unbedenklich. Der Standort befindet sich weit von bewohnten Gebiet entfernt.“ Jeder, der zu Hause Wlan einschaltet, setzt sich freiwillig einer weit größeren Strahlung aus. Um es mit einem Beispiel anschaulich zu machen: Würde man nach Gsieser Maßstäben vorgehen, dürfte in ganz Bozen kein einiger Umsetzer stehen.
Nun hat die RAS für das Gsiesertal einen Standort auf einem Hügel zwischen den beiden Dörfern St. Magdalena und St. Martin taleinwärts rechts ausfindig gemacht. Dorthin führen bereits eine Straße und eine Stromleitung, was die Erreichbarkeit garantiert.
Jetzt ist wieder die Gemeinde am Zug.
EIN INTERVIEW MIT DEM BÜRGERMEISTER LESEN SIE AM DONNERSTAG IN DER PRINT-AUSGABE.
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