Die letzte Bastion
Die Enthüllungen der TAGESZEITUNG über die geheimen Expansionspläne des Medienkonzerns Athesia haben wie eine Bombe eingeschlagen. Die Übernahme des „Alto Adige“ durch das Haus Athesia soll am Mittwoch offiziell bestätigt werden.
von Artur Oberhofer
Sie hatten bis zuletzt gehofft, dass sich die Gerüchte nicht bewahrheiten würden. Doch jetzt müssen sich auch die RedakteurInnen der italienischen Tageszeitung „Alto Adige“ damit abfinden, dass eine der letzten Bastionen der „Italianitá“ in Südtirol fällt – und wohl oder übel Teil eines deutschsprachigen Medienkonzerns wird.
Die Enthüllungen der TAGESZEITUNG vom vergangenen Dienstag über die geheimen Expansionspläne des Medienkonzerns Athesia haben wie eine Bombe eingeschlagen. Schon bald könnte das Haus Athesia mit dem „Alto Adige“ und dem „Adige“ die zwei wichtigsten italienischsprachigen Zeitungen im Lande kontrollieren. Es ist ein regionaler Medienkoloss am Entstehen, der die politische Wetterlage in der Region nachhaltig beeinflussen kann und wird.
Man stelle sich nur vor, was in Südtirol oder im Trentino passiert, wenn dem Medienkonzern Athesia ein Politiker nicht genehm ist: Man kann eine Meldung über ein italienischen Blatt lancieren, um die Kampagne dann über die anderen Blätter fortzusetzen oder auf die Spitze zu treiben. „Die Region ist in Athesia-Hand“, sagt ein SVP-Landtagsabgeordneter. Und ein Redakteur des „Alto Adige“ befürchtet: „Mit Ausnahme der ,ff‘ und der ,Tageszeitung’ kontrolliert Athesia in Zukunft alle wichtigen Medien im Lande und in der Region.“
Gegenüber Rai Südtirol hatte Athesia-Chef Michl Ebner die TAGESZEITUNG-Enthüllungen als „Vermutungen“ abgetan.
In Wirklichkeit saß Michl Ebner am Dienstag im Zug. Er fuhr nach Rom, um die Verträge zu unterschreiben.
Diese Monopolkonstellation, die sich da anbahnt, ist deswegen möglich, weil die kartellrechtlichen Bestimmungen nur auf nationaler Ebene greifen.
Die Finegil Editoriale AG, die die zur Espresso-Repubblica-Gruppe gehörenden Regionalzeitungen verwaltet, muss die Lokalblätter aus wettbewerbsrechtlichen Gründen abstoßen – weil die Espresso-Repubblica-Gruppe mit der Itedi AG („La Stampa“, „Il Sexolo XIX“) fusioniert. Diese kartellrechtlichen Bestimmungen greifen allerdings auf lokaler Ebene nicht.
Auf politischer Ebene herrscht denn auch großes Unbehagen. „In Trient ist die Hölle los“, weiß ein hochrangiger SVP-Politiker.
Dass Athesia den „Alto Adige“ übernehmen wolle, war allenthalben bekannt.
Zuerst hatte es so ausgesehen, als würde die der Kurie nahestehende ISA (Istituto Atesino di Sviluppo) gemeinsam mit einer Unternehmerseilschaft aus Trient den 1945 gegründeten „Alto Adige“ übernehmen. Doch in der zweiten Hälfte der vergangenen Woche kam es zum Paukenschlag: Athesia erhöhte plötzlich das Angebot. Die ISA legte nicht mehr nach.
Für den Athesia-Konzern geht es nicht nur um die Sicherung der eigenen Monopolstellung. Der „Alto Adige“ ist auch für die Athesia-Druckerei ein interessanter Kunde. Und mit der Übernahme des Lokalblattes kontrolliert Athesia nun faktisch den Anzeigenmarkt in Südtirol.
Für den 71-Prozent-Anteil am „Alto Adige“ (bzw. an der SETA AG) dürfte Athesia rund 6 Millionen Euro hinblättern.
Nach Informationen der TAGESZEITUNG werden die Verkäufer den Deal am Mittwoch offiziell bestätigen. Für den heutigen Mittwoch wurden außerdem die Redaktionskomitees von „Alto Adige“ und „Il Trentino“ nach Rom bestellt. Finegil-Chefin Monica Mondardini wird den Gewerkschaftsvertretern mitteilen, dass der Athesia-Konzern den „Alto Adige“ übernimmt.
Neuer Verantwortlicher Direktor des „Alto Adige“ dürfte Paolo Campostrini werden, ein langjähriger Politik-Redakteur des Blattes, den Athesia aus der Rente in die Chefetage des Tagblattes mit Sitz in der Voltastraße zurückholen will.
Der zweite Teil der Athesia-Strategie besteht darin, auch das zweite Trentiner Lokalblatt, den „Adige“ zu übernehmen. In den Verkaufsgesprächen mit der Eigentümer-Familie Guelmi sitzen die Athesia-Emissäre nicht direkt mit am Verhandlungstisch. Der Deal wird über eine Bank abgewickelt.
Diese medienpolitische Monopolsituation dürfte in der Region Trentino-Südtirol noch für viel Gesprächsstoff sorgen.
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