Die älteste Südtirolerin
Maria Rechenmacher aus Tarsch im Vinschgau ist Südtirols älteste Bürgerin. Die rüstige Dame feierte am Freitag im Alten- und Pflegeheim Latsch ihren 107. Geburtstag. Für die TAGESZEITUNG blickt sie auf ihr langes Leben zurück.
von Karin Gamper
Am Tag vor dem großen Ereignis ist Maria Rechenmacher etwas aufgeregt. Vorsichtig schreitet sie am Arm von Direktorin Iris Cagalli durch das Speisezimmer des Alten- und Pflegeheims in Latsch.
Maria hat sich fein gemacht für den Fototermin mit der Presse: sie war am Vormittag beim Friseur und hat anschließend das Festtagsgewand übergezogen. Denn Maria Rechenmacher weiß: ihr Geburtstag ist etwas Besonderes. Die alte Dame wird 107 Jahre alt. Sie ist damit die älteste Südtirolerin überhaupt.
Maria Rechenmacher wurde am 7. Oktober 1909 in der Latscher Fraktion Tarsch als Älteste von acht Kindern geboren. Damals war Südtirol noch Teil der Habsburger-Monarchie, man zahlte weder mit Lire noch mit Euro, sondern mit Kronen, Italien war ein Königreich und im Deutschen Reich herrschte Kaiser Wilhelm II. Beide Weltkriege standen noch bevor, Benito Mussolini und Adolf Hitler waren politisch unbekannt, ein Silvius Magnago gar nicht geboren.
Die Jubilarin ist erstaunlich rüstig. Etwas schwerhörig ist Maria Rechenmacher allerdings und auch das Augenlicht ist schwächer geworden in den letzten Jahren. Aber ansonsten ist die alte Dame fit, auch und besonders im Kopf. Gerne erzählt sie aus ihrem Leben, vom heimatlichen Steinhof in Tarsch, auf dem sie bis zu ihrem 40. Lebensjahr blieb, ehe die Schwägerin das Regiment übernahm. Von den strengen Lehrern in der Schule. Vom einfachen, aber ausreichenden Essen und dem sesshaften Leben ohne Reisen. Von ihrem langen Arbeitsleben als Haushälterin und Köchin auf verschiedenen Vinschger und Burggräfler Höfen, wo Not an der Frau war. „Es war viel und harte Arbeit“, erinnert sie sich zurück, „aber es hat mir niemand dreingeredet und das hat mir gepasst.“
Geheiratet hat Maria Rechenmacher nie. Ein Mann, der wäre für sie nicht in Frage gekommen. „Das hätte mir nicht gepasst“, sagt sie. Gearbeitet hat Maria immer bei Bauern, nie bei den „Herrischen“. Dort tat dagegen ihre einzige noch lebende Schwester Anna Dienst, die heute ebenfalls bereits 96 Jahre alt ist: „Bei den Herrischen hatte sie es etwas weniger anstrengend“, findet Maria Rechenmacher nachträglich.
Viele Jahre teilte sich das Schwesterpaar eine Zweizimmerwohnung des Alten- und Pflegeheimes. Anna und Maria lebten fast in vollständiger Selbstständigkeit, bis Anna vor wenigen Monaten in das Altenheim umsiedelte. Maria blieb allein in der Wohnung zurück, lebte weiterhin selbstständig, kam jedoch täglich zum Essen in das Altenheim und wurde von dort auf Wunsch auch versorgt. Dies wird sich nun ändern. Auch Maria zieht in diesen Tagen in das Heim um. Sorgen ums Alleinsein brauchen sich die beiden Schwestern nicht machen. Oft kommen Urenkel, Großneffen oder Annas Töchter zu Besuch. Täglich spaziert Maria – oft auch allein und auf jeden Fall bei jeder Witterung – in das Dorfgasthaus und trinkt dort einen Capuccino.
Ein Patentrezept für ihr langes Leben hat Maria Rechenmacher nicht. Die Vinschger Gene? Die Genügsamkeit? Möglicherweise. Maria Rechenmacher: „Ich habe einfach gelebt und getrunken habe ich nur hie und da ein halbes Glas Wein zum Mittagessen“.
Besonders in Erinnerung geblieben ist Maria in ihrem langen Leben ihr 105. Geburtstag: „Es kamen alle wichtigen Persönlichkeiten und der Herr Pfarrer, die Musik hat gespielt und getanzt habe ich auch noch“, erzählt sie.
Ihr Geburtstagswunsch war, dass die Tarscher Musikkapelle aufspielt.„ Denn das letzte Mal“, das weiß die Seniorin noch ganz genau, „da waren es die Latscher.“
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