Cécile Kyenge in Südtirol
Die ehemalige italienische Integrationsministerin Cécile Kyenge ist am Samstag beim Tag des Handwerks aufgetreten. Es ging um die Integration von Flüchtlingen.
Nach der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise steht das Südtiroler Handwerk vor einer neuen Herausforderung: der Flüchtlingskrise in Europa.
Im Rahmen des diesjährigen Tags des Handwerks, der unter dem Motto „Integration in Wirtschaft und Gesellschaft“ stand, wurden die Chancen und Herausforderungen der Zuwanderung für die lokalen Wirtschaftskreisläufe und die Klein- und Mittelbetriebe aufgezeigt.
In Südtirol steckt die Eingliederung von Immigranten noch in der Anfangsphase. Und dennoch ist es für das Land eine große Herausforderung, die 1.485 Asylbewerber – 0,9 Prozent der gesamtstaatlichen Zuwanderer – in Arbeitswelt und Gesellschaft zu integrieren.
„Unsere Betriebe können aufgrund ihrer flexiblen Strukturen, ihrem Erfindergeist und ihrem hohen Ausbildungswillen, einen wichtigen Beitrag zur Integration dieser Menschen leisten. Voraussetzung sind aber entsprechende rechtliche Rahmenbedingungen sowie finanzielle Ressourcen“, unterstrich lvh-Vizedirektor Walter Pöhl in seiner Einführungsrede.
Dass man sich mit dem Thema auseinandersetzen muss, ist man sich im Wirtschaftsverband für Handwerk und Dienstleister (lvh) einig. „Unbedingt erforderlich für gewinnbringende Lösungen sind differenzierte Sichtweisen. Wir brauchen kein System, das über alle drübergestülpt wird, sondern einen Schlüssel, der unterschiedliche Lösungswege ermöglicht“, betonte Lanz.
Derselben Meinung war auch die Europaparlamentarierin und ehemalige italienische Integrationsministerin Cécile Kyenge, die sich für ein aktives Handeln im Sinne der Flüchtlinge aussprach:
„Das Phänomen Immigration in Europa lässt sich nicht einfach stoppen, auch nicht durch Grenzschließungen. Diese Menschen sind auf der Flucht vor Kriegen, Hunger oder wirtschaftlicher Instabilität. Es muss unsere Aufgabe sein, diese Beweggründe zu analysieren und mit entsprechenden politischen Regelungen darauf zu reagieren. Nur so kann Integration erfolgreich gelingen.“
Beispiele wie Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt integriert werden können, brachte der bayrische Staatssekretär für Wirtschaft und Medien Franz Josef Pschierer: „Bayern stellt finanzielle Mittel für den Spracherwerb, die berufliche Qualifizierung, aber auch für die Vermittlung von wichtigen Werten des Landes zur Verfügung. Damit versuchen wir, den Alphabetisierungsgrad zu steigern, die Ausbildung zu fördern und die Menschen in unsere Traditionen einzubinden.“
Fördern und fordern
Wichtige Aussagen und Gedanken zum Thema Immigration fielen im Rahmen einer Gesprächsrunde, an der Landeshauptmann Arno Kompatscher, Landesrat Philipp Achammer, Europaparlamentarier Herbert Dorfmann, Confartigianato-Präsident Giorgio Merletti, der bayrische Staatssekretär Franz Josef Pschierer und der Vizepräsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern teilnahmen.
In erster Linie ging es beim Gespräch um die Integration als mögliche Ressource und um Lösungen für die vorrangigen aktuellen Schwierigkeiten.
„Wir sollten versuchen ein Gemeinschaftsdenken zu entwickeln und die Betroffenen vor allem im Bereich der dualen Ausbildung und Kultur zu fördern“, unterstrich Giorgio Merletti. In dieselbe Kerbe schlug auch Landeshauptmann Arno Kompatscher: „Es geht hier um ein gesamteuropäisches Phänomen, für welches eine mittel- und langfristige Immigrationspolitik erforderlich ist, damit die bestehenden Notwendigkeiten zufriedengestellt werden können.“
In diesem Rahmen seien personalisierte Modelle die einzige Möglichkeit, vor allem um den jungen Migranten Perspektiven zu garantieren.
„Es geht um das Prinzip fördern und fordern: zunächst müssen wir konkret verstehen, welche Erfordernisse bestehen, um mit entsprechenden Maßnahmen darauf zu antworten. Investitionen werden in diesem Zusammenhang sicher notwendig sein, müssen aber sinnvoll eingesetzt werden“, so Philipp Achammer.
Herbert Dorfmann machte abschließend noch auf den Unterschied zwischen Migranten und Flüchtlingen aufmerksam: „Wir sollten auch die Tatsache nicht außer Acht lassen, dass viele Menschen nicht für immer in unserem Land bleiben, sondern wieder in ihre Heimat zurückkehren wollen, sobald die dortigen Schwierigkeiten und Probleme gelöst sind. Deshalb gilt es zu verstehen, wie Integration in unterschiedlichen Fällen gelingen kann, damit die Interessen und Bedürfnisse von allen respektiert werden.“
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