„Nur eine Ulli“
Bei der Flüchtlings-Debatte im Landtag gingen die Wogen hoch: Warum sich Maria Kuenzer von Elena Artioli persönlich beleidigt fühlte – und wie sich Ulli Mair in Rage redete.
von Matthias Kofler
Dicke Luft im Hohen Haus.
Unter dem Titel „Einheimische zuerst“ forderten die Freiheitlichen, „Südtirol vor den Folgen der illegalen Masseneinwanderung zu schützen“. Der Landeshauptmann, so heißt es im Beschlussantrag, solle persönlich für Ungereimtheiten mit Flüchtlingen bürgen und eine Beschwerdestelle für Einheimische einrichten. Zudem solle das Land die primäre Kompetenz in der Migrationspolitik einfordern.
„Die täglichen Gewaltausbrüche durch Ausländer, die Kriminalität und die gescheiterte Integration sind der Scherbenhaufen einer fehlgeleiteten Politik, die von den Bürgern dieses Landes ausgebadet werden muss“, erklärte Ulli Mair. Südtirol sei „kein Einwanderungsland“, auch wenn dies von der Landesregierung, den „Gutmenschen“ und den Medien anders gesehen werde.
Bei der anschließenden Debatte gingen im Landtag die Wogen hoch.
Riccardo Dello Sbarba (Grüne) bezeichnete den Antrag als „inhuman“. Er beruhe auch auf falschen Annahmen: Auf der Welt gebe es 65 Millionen Flüchtlinge, nur 3,2 Millionen seien nach Europa gekommen. Man solle nicht Ängste auf dem Rücken der Ärmsten schüren, forderte der Grüne und giftete in Richtung der Freiheitlichen: „Ulli Mair spricht so wie in ihren guten alten Zeiten.“
Auch Maria Hochgruber Kuenzer empfand die Forderungen der Freiheitlichen als „unerträglich“. Sie melde sich zu Wort, weil sie dieses Thema nicht einfach aussitzen könne, sagte die SVP-Abgeordnete. Europa habe in Afrika die Voraussetzungen geschaffen, dass die Afrikaner nicht überleben können. Natürlich müssten sie sich anpassen, wenn sie hierher kämen, aber sie auszugrenzen sei die falsche Politik. Sie würde so oder so kommen.
Von „Einwanderungsromantik” könne bei den Bildern aus dem Mittelmeer nicht die Rede sein, zeigte sich Waltraud Deeg (SVP) überzeugt. Es seien verschiedene Maßnahmen denkbar, um das Phänomen zu gestalten, aber eine „chinesische Mauer“, wie sie die Freiheitlichen einforderten, sei keine Lösung. Die Landesrätin lud dazu ein, bei diesem Thema Menschlichkeit zu wahren anstatt mit Parolen auf Stimmenfang zu gehen.
Die Aussagen der SVP-Politikerinnen brachten Elena Artioli auf die Palme. Die A-Team-Chefin forderte Maria Kuenzer und Waltraud Deeg auf, wenigstens einen Flüchtling in ihrer Wohnung aufzunehmen, bevor sie sich im Landtag weiter zu dem Thema zu Wort melden. Die SVP-Abgeordneten sollten sich die Szenen vergegenwärtigen, die sich derzeit in Bozen abspielten, hier herrsche der „wilde Westen“, Kampfszenen mit Messern, und das neben den Kindern.
Maria Hochgruber Kuenzer wollte die Unterstellungen nicht auf sich sitzen lassen. „Ich verbitte mir den Vorwurf, dass ich nicht weiß, wovon ich rede“, schimpfte die SVP-Abgeordnete in Richtung von Elena Artioli.
Für den Lacher des Tages sorgte Sigmar Stocker: Der Freiheitliche kritisierte mit heftigen Worten die Absenz des Integrationslandesrats Philipp Achammer bei dieser Debatte. Just in dem Moment betrat Achammer den Sitzungsaal.
Gelächter in der Aula.
Der Landesrat wehrte sich gegen die freiheitlichen Vorwürfe von der „linken Tagträumerei“, er habe klar gesagt, dass er einen Respekt vor der heimischen Kultur verlange. Die Südtiroler Bevölkerung sei bereit, an der Integration teilzuhaben, an den Voraussetzungen sei aber noch mehr zu arbeiten.
Wer herkomme, habe die Bringschuld, erwiderte Ulli Mair. Der Vorwurf, politisches Kapital aus der Einwanderung schlagen zu wollen, sei ungerechtfertigt. „Wenn Riccardo Dello Sbarba behauptet, heute sei die alte Ulli Mair zurück, dann frage ich mich: Welche alte Ulli Mair meinst du? Es gibt nur eine Ulli Mair.“
Die Freiheitlichen warnten seit 20 Jahren davor, heute würden die Befürchtungen bestätigt. Den Vorwurf der Unmenschlichkeit lasse sie auch nicht gelten, sie kümmere sich das ganze Jahr um arme Leute im Lande, erklärte die Freiheitliche. Das Problem existiere, es fehle der Mut es anzugehen.
Der Antrag wurde in mehreren Teilabstimmungen mit deutlicher Mehrheit abgelehnt.
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