Plötzliches Ausscheren
Der tödliche Radunfall von Sinich beschäftigt nun auch die Staatsanwaltschaft, gegen den Lenker des VW Lupo wurden formell Ermittlungen aufgenommen. Und: Wie der Fahrradfahrer M.L. den Horror-Crash erlebt hat.
Von Thomas Vikoler
Er fuhr parallel neben dem roten Mountainbike her, als dieses plötzlich in Richtung Fahrbahnmitte ausscherte. Dann: Dann ein lauter Knall ohne vorangehendes Bremsgeräusch. So beschrieb M.L., 26, aus Marling, gegenüber den Ermittlern die Dynamik des tödlichen Unfalls, der ihn in einen Schockzustand versetzte.
Dabei starben gegen Mitternacht des vergangenen Freitags die 21-jährige Stefanie Ravasi aus Tscherms und der 31-jährige David Pirhofer aus Tschars in der Gemeinde Kastelbell Taschars. Sie saßen auf einem roten Mountainbike, das in der Nähe der Pizzeria Römerkeller in Sinich von hinten von einem VW Lupo voll erfasst wurde. Ravasi und Pirhofer fuhren stadtauswärts, ihr Fahrrad hatte kein Rücklicht, aber einen Blinker an der Lenkstange.
Das ist eines der fatalen Details zu diesem Horror-Crash, der nun auch die Staatsanwaltschaft Bozen beschäftigt. Der diensthabende Staatsanwalt Giancarlo Bramante hat formell Ermittlungen gegen den 18-jährigen Lenker des VW Lupo, einem jungen Mann aus Lana, aufgenommen.
Sicher ist, dass der Autolenker am Freitagabend nicht betrunken war. Der Alkoholtest der Stadtpolizei ergab 0,0 Promille, was den Betroffenen von einer möglichen Ermittlung wegen Straßen-Mordes („omicidio stradale“) bewahrt. Führerschein-Neulinge unterliegen bekanntlich einem gänzlichen Alkoholverbot am Steuer, während für alle anderen Fahrer die 0,5-Promille-Grenze gilt. Seit März ist im italienischen Strafgesetzbuch das Delikt des „Mordes am Steuer“ vorgesehen. Personen, die unter Alkohol- oder Drogeneinfluss den Tod eines Menschen verursachen, droht eine Gefängnisstrafe von bis zu 18 Jahren.
Ob es in diesem Fall zu einer Anklage wegen fahrlässiger Tötung (Strafrahmen: Sechs Monate bis fünf Jahre Haft) kommt, ist eher fraglich. Laut Erkenntnissen der Stadtpolizei war der 18-jährige Fahrer mit seinem VW Lupo nicht übertrieben schnell unterwegs (an der Unfallstelle gilt Tempo 50), andererseits hätte er David Pirhofer und Stefanie Ravasi sehen müssen: Die Reichstraße in Sinich, auf der es zu dem tödlichen Unfall kam, ist gut beleuchtet.
Die derzeit einzig plausible Unfallursache: Die beiden Personen auf dem roten Mountainbike sind plötzlich und unangekündigt in die Fahrbahn des VW Lupo geraten. So plötzlich, dass der Fahrer nicht (mehr) reagieren konnte.
M.L., der direkte Augenzeuge, ließ nach dem Crash sein dunkelgraues Herrenfahrrad stehen und lief davon. Angeblich irrte er unter Schock durch die Nacht.
Staatsanwalt Bramante hat inzwischen die Leichen von Stefanie Ravasi und David Pirhofer zur Beerdigung freigegeben.
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