„Bin dafür, aber …“
Am 4. Dezember wird über die Verfassungsreform abgestimmt. Wie SVP-Obmann Philipp Achammer seine Partei positionieren will.
Tageszeitung: Herr Obmann, die ganze Republik ist im Wahlkampf, nur die SVP hält sich noch auffällig zurück. Haben Sie nicht Angst, die Reform zu verschlafen?
Philipp Achammer: (lacht) Nein, das glaube ich nicht! Wir haben am Montag im Parteipräsidium einen genauen Fahrplan festgelegt. Demnach wird die Partei um den 20. Oktober herum eine offizielle Stellungahme zur Verfassungsreform abgeben. Wir haben eine Kommission eingesetzt, welche die sachlich-inhaltliche Vorarbeit für den erweiterten Ausschuss und die Ortsobleute-Konferenz leistet. Sie soll die Möglichkeiten und Bedenken hinsichtlich der Verfassungsreform beleuchten. Ich kann nicht erkennen, dass die Partei unter Druck steht. Das Referendum findet erst am 4. Dezember statt. Bis dahin ist noch ausreichend Zeit für eine offizielle Positionierung der Partei. Am Ende wird sich aber jeder Bürger selbst ein Bild zu dieser sehr komplexen Angelegenheit machen.
Wer sitzt in dieser Kommission?
Die Kommission setzt sich aus Parlamentariern, Bezirksobmännern, Fraktionssprechern und Mitgliedern des Landtags zusammen. Gemeinsam werden sie Stellungnahme erarbeiten, die am Ende auch die Stellungnahme der Partei sein kann. Wir möchten aber in jedem Fall die Ortsobleute in diese Entscheidung miteinbeziehen.
Kritiker wie Oskar Peterlini finden in der Kommission keinen Platz?
In der Kommission sitzen auch Parteivertreter, die durchaus ihre Bedenken mit der Verfassungsreform geäußert haben: etwa Meinhard Durnwalder oder Christoph Perathoner. Eines ist klar: Diejenigen, die sich parteiintern und konstruktiv an der Diskussion beteiligen wollen, sind herzlich dazu eingeladen. Damit fallen aber jene weg, die schon jetzt und außerhalb der Parteigremien ihre Stellungnahmen abgegeben haben.
Die Opposition wirbt geschlossen für ein Nein zur Reform. Ist es im Umkehrschluss nicht logisch, dass die SVP das verteidigt, was sie in Rom ausverhandelt hat?
Zum Abstimmungsverhalten unsere Parlamentarier hat die Partei schon mehrfach Stellung bezogen. Es gab von den SVP-Parlamentariern auch nicht von vorneherein ein Ja zur Reform. Wenn man das bewertet, was der Landeshauptmann und die Parlamentarier ausverhandelt haben, dann ist es naheliegend, dass die Partei dies auch verteidigt. Es geht uns bei der Bewertung der Verfassungsreform ausschließlich um die Schutzklausel und die Verteidigung der autonomen Befugnisse. Hier gibt es sehr wohl einen Unterschied zwischen dem Abstimmungsverhalten der Parlamentarier und dem anstehenden Referendum. Ein Verfassungsreferendum ist komplex und weitreichend. Niemand will eine zentralistische Verfassung. Der einzige Gradmesser für unsere Positionierung ist die Schutzklausel und die Frage, ob diese ausreichend ist.
Haben Sie persönlich Bedenken, ob die Schutzklausel denn ausreicht?
Ich persönlich bin überzeugt, dass wir ein gutes Verhandlungsergebnis erzielt haben. Wir konnten das Prinzip einführen, wonach eine Adaptierung des Statutes nur mehr im Einvernehmen erfolgen kann. Es gibt aber Zweifel, die sich aus den für Südtirol unguten Erfahrungen der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts seit 2001 speisen. Ich glaube, dass es eine Chance gibt, uns mit der Klausel vor einer zentralistischen Verfassung abzusichern – wenngleich auch die geäußerten Bedenken nachvollziehbar sind.
Wie bewerten Sie andere Punkte der Verfassungsreform?
Ich sehe die Abschaffung des perfekten Bikameralismus als sehr positiv an, während ich andere Bereiche kritisch sehe. Doch für uns gibt es nur einen Gradmesser – und das ist die Schutzklausel.
Kann sich die SVP denn leisten, nicht für ein Ja zu werben, ohne die guten Beziehungen zur Regierung Renzi aufs Spiel zu setzen?
Es gibt Leute, die sagen: „Ihr könnt nicht anders, ihr seid gebunden oder weiß ich was.“ Das stimmt nicht. Unabhängig von unserer Wahlallianz vertritt jede Partei bestimmte Grundprinzipien, die sie ohne Wenn und Aber verteidigt. Die Autonomie ist die DNA unserer Partei – Abkommen hin oder her. Deshalb sind wir selbstverständlich frei zu entscheiden, wie wir uns in dieser autonomiepolitisch so wichtigen Frage positionieren.
Interview: Matthias Kofler
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