Bist deppat
Was geht mich die „Safari“ anderer an, denke ich bei Ulrich Seidls Film zur Großwildjagd in Namibia. Aber Seidl erzählt von uns.
von Renate Mumelter
Flüsterton in der Savanne Namibias: „Kannst ihn nehmen, wenn er steht“. Schuss. „Hat nicht gezeichnet. So ein Mist“. Der Schuss ging daneben. Einen Schuss später ohne Flüsterton: „Der wird sich den Kreislauf leergepumpt haben und da irgendwo liegen.“ „Da liegt er, super“. „Guter Kämpfer, mein Freund“. Der Jäger streichelt dem halbtoten Vieh über den Kopf. Wieder ein paar Schüsse später: „Bist deppat! Super Pirsch!“ Das Zebra ist tot. Dem Jäger zittern die Knie, sagt er. Nach dem Todeskampf der Giraffe ist die Frau des Jägers „fix und fertig“. Befindlichkeiten von Menschen, die aus Österreich nach Namibia kommen, um hier für gutes Geld auf Großwildjagd zu gehen. Die Preislisten liegen in der Lodge auf. Die Jägerinnen und Jäger erlauben Ulrich Seidl mitzudrehen, geben freimütig Auskunft über ihre Gefühlslagen und räsonnieren über Leben und Tod. Zwischendurch sehr unterhaltsam, weil es einfach nur zum Fremdschämen ist. Seidls Protagonisten schnarchen auch schon mal mit einer Dose Bier in der Hand im Hochstand oder sie überlegen mit dem erwachsenen Nachwuchs, welches Tier sie gern „erlegen“ würden. Zu Wort kommen auch die deutschen Lodgebetreiber, die sich gleich präventiv gegen eventuelle Rassismusvorwürfe wehren. Sie haben es nötig. Afrikaner kommen nicht zu Wort. Sie sind nur in stillen Bildern zu sehen, im Jeep, beim Zerlegen der Tiere, beim Abnagen der übriggebliebenen Knochen, beim Bügeln.
Ulrich Seidl hat den Rohschnitt von „Safari“ bereits im Dezember bei einem Workshop an der Filmschule ZeLIG gezeigt. Die endgültige Fassung lief in Venedig. Sie hat mehr Kontur, die Montage ist ätzender ausgefallen, und die Botschaft ist klar. In „Safari“ geht es weniger um die Jagd als um eine Haltung. Das Grausliche am Film ist nicht das Zerstückeln der Tiere, das bis ins kleinste Detail gezeigt wird, das Grausliche sind die Menschen.
Safari (A 2016), Min., Regie: Ulrich Seidl. Bewertung: Klare Bilder, klare Botschaft, harte Kost
Was es sonst noch gibt: „Frantz“, „Tabl“ – Settimana della critica (MO)
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