„Redet miteinander“
Gesundheitslandesrätin Martha Stocker übt harte Kritik an bockigen Ärztegewerkschaften – und spricht von „Stellvertreterkriegen, die auf dem Rücken des Landes ausgetragen werden.“
Von Anton Rainer
Über eine Äußerung der Ärztegewerkschaft FIMMG musste Martha Stocker am Mittwochvormittag besonders schmunzeln: Wenn die Gesundheitslandesrätin seinen Wünschen nicht zustimme, dann „kriegt sie Ärger“, hatte Hausärzte-Gewerkschafter Domenico Bossio gegenüber dem Tagblatt der Südtiroler erklärt – Anfechtung des Omnibusgesetzes inklusive. „Kann man natürlich machen“, kontert Martha Stocker, „angefochten hat das Gesetz aber eh schon die Regierung in Rom.“ Für die Gesundheitslandesrätin ist die jüngste Kritikwelle mancher Ärztegewerkschaften an den Maßnahmen des Landes ein weiterer Beweis für eine alte Vermutung: „Das Hauptproblem ist, dass diese Leute einfach nicht miteinander reden.“
Verteilt auf zwei umfassende Sammelgesetze verabschiedet der Landtag in diesen Wochen mehrere Neuerungen, die dem Ärztemangel in Südtirol entgegenwirken sollten. „Regelungen, die auch im Sinne der Gewerkschaften sein sollten“, so Martha Stocker. Bereits vor einigen Wochen etwa legte man fest, die gesetzlich vorgeschriebene Berufserfahrung für Tutoren von Jungärzten auf sechs Jahre zu kürzen – künftig soll die Hausärzteausbildung unter der Führung der Claudiana für Nachwuchs sorgen. 198.000 Euro will das Land für die dreijährige Ausbildung ausgeben, knapp halb so viel wie im benachbarten Trentino. Weil das Land sparen will, wie manche Gewerkschafter vermuten? Nein, laut Informationen der TAGESZEITUNG eine simple Begrenzung, um eine Ausschreibung nach EU-Recht, wie sie ab Beiträgen von 200.000 Euro nötig wäre, zu begrenzen. Ursprünglich ausgerechnet ein Wunsch der Ärztekammer, der bei einzelnen Gewerkschaften offensichtlich nicht angekommen ist.
Uneinig scheinen sich die Ärzte-Vertreter auch bei der Frage nach der Besetzung des technischen Komitees der neuen Hausärzte-Ausbildung: Im Anschluss an die Dringlichkeitssitzung am Montag hatten einzelne Gewerkschafter die angebliche Nominierung des bisherigen wissenschaftlichen Leiters Christian Wiedermann scharf kritisiert. „Ein Vorschlag, der sicher nicht von uns kam“, stellt Martha Stocker klar, „wir wollen als Fachleute logischerweise Allgemeinmediziner wie bisher, die Besetzung von Herrn Wiedermann käme für uns nicht in Frage.“ Auch der Zwist um die „völlig undenkbare“ Besetzung sei der fehlenden Kommunikation zwischen den Gewerkschaften geschuldet.
Ähnlich die Sache mit den 19 Südtiroler Jungärzten, die im Jahr 2017 ihr Diplom erhalten sollen – aber knapp ein Jahr lang auf ein Ansuchen um freie Stellen warten müssten. Kann das Land hier eine Lösung finden? „Bei uns rennen die Gewerkschaften mit dieser Forderung offene Türen ein“, sagt Martha Stocker, „dabei haben ausgerechnet sie den gesamtstaatlichen Vertrag ausgehandelt, der diese Hürde vorsieht.“ Nun warte man auf einen gemeinsamen Vorschlag der Ärzte, um dem Problem rechtzeitig Herr zu werden – „das Land tut sich nun mal schwer damit, Gewerkschaftsabkommen einseitig und diktatorisch abzuändern.“
Am meisten stört die Gesundheitslandesrätin jedoch, „dass das Land mit allen möglichen Mitteln versucht, die ärztliche Versorgung zu gewährleisten – uns von manchen Gewerkschaften aber immer wieder hineingegrätscht wird.“ Und das, obwohl man doch eigentlich dasselbe Ziel verfolgen sollte: „Gewerkschaften und Land haben ein gemeinsames Interesse, möglichst viele Ärzte zu finden“, meint Martha Stocker, „durch Streit erreicht man das nie.“
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