„Höhere Löhne sind möglich“
SAD-Chef Ingemar Gatterer reagiert auf den großen Unmut vieler Busfahrer: Die SAD könne bis zur anstehenden Ausschreibung keine höheren Löhne bezahlen, stellt danach aber ein ordentliches Gehaltsplus in Aussicht. Zuerst sei jedoch die Politik am Zug.
von Heinrich Schwarz
Die Aussagen des ASGB-Transportgewerkschafters Richard Goller in der TAGESZEITUNG sorgten für Aufsehen: Immer mehr Busfahrer der SAD würden sich nach einem neuen Job umsehen. „Ich schätze, dass in den letzten Monaten rund zehn Personen gegangen sind“, so Goller. Man poche seit Jahren auf eine Erneuerung des Betriebsabkommens der SAD, das auf 1988 zurückreicht. Die wichtigsten Forderungen: kürzere Dienstspannen und eine Lohnanpassung.
„Die Streiks der letzten Jahre haben diesbezüglich nichts gebracht. Jetzt sind die Leute stuff – auch weil von der Politik keine Unterstützung kommt“, erklärt Richard Goller. Die SAD habe die Verhandlungen längst wieder abgebrochen.
„Vor allem bei den dienstälteren Busfahrern ist der Frust groß. In der Peripherie wird es immer schwieriger, qualifiziertes, ortskundiges und zweisprachiges Personal zu finden. Die Qualität wird leiden“, behauptet der Gewerkschafter.
Und was sagt die SAD zur Situation?
„Ich muss vorwegnehmen, dass Richard Goller einfach Blödsinn redet. Die SAD hat die Verhandlungen mit den Gewerkschaften nicht abgebrochen, muss sich jedoch auf die anstehende Ausschreibung der Busdienste vorbereiten. In diesem Wettbewerb kann die SAD jedoch nur dann bestehen, wenn sie dieselben Lohnkosten berechnet, wie andere Wettbewerber berechnen würden“, heißt es vom CEO Ingemar Gatterer.
Er betont: „Wenn wir rechtlich zulässige Optimierungen nicht vornehmen, werden es eben andere tun und die SAD verliert jede Ausschreibung bereits im Vorfeld.“
Eine von Goller gewünschte Ausschreibungs-Richtlinie, die eine verpflichtende Besserstellung der Arbeitnehmer vorsieht, ist laut Gatterer aufgrund der europäischen und nationalen Vorgaben nicht machbar. Sie würde einem Rekursverfahren nicht standhalten. Es gebe bereits genügend Gerichtsurteile.
In Sachen Entlohnung stellt der SAD-Chef seinem Personal jedoch ein ordentliches Plus in Aussicht: „Um dem Problem des Lohndumpings entgegentreten zu können, hat die SAD im Hinblick auf die Ausschreibung ein PPP-Projekt vorgeschlagen, wonach den Mitarbeitern Lohnsteigerungen von bis zu 15 Prozent sowie höhere Produktivitäts- und Bonusprämien zugesprochen werden.“ Die Gewerkschaften hätten diese Chance aber offensichtlich noch nicht erkannt. „Sie bemühen sich vielmehr um Dinge, die nicht realistisch sind“, so Gatterer.
Ob er einen Qualitätsverlust befürchtet, wenn sich immer mehr alteingesessene, ortskundige Busfahrer nach einem anderen Job umsehen?
„Kein Unternehmen verliert gerne gute Mitarbeiter. Viele Informationen werden an die Beschäftigten jedoch falsch weitergegeben. Wir haben uns bemüht, in den vielen Treffen mit der Belegschaft über Tatsachen und Fakten aufzuklären. Streiks bringen hier wenig – es geht darum, dass wir als SAD gemeinsam mit unseren Mitarbeitern Rahmenbedingungen schaffen, die eine Anhebung der Löhne und Gehälter ermöglichen, ohne dass wir eine Ausschreibung aufgrund überhöhter Personalkosten verlieren. Auch gute Mitarbeiter werden verstehen, dass Geld im Wirtschaftsgeschehen eben erst erwirtschaftet werden muss, bevor es ausgegeben werden kann.“
Die Politik müsse dafür aber die richtigen Rahmenvorgaben fixieren. „Der Landeshauptmann und der Landesrat haben sich noch für keines der vorgebrachten Ausschreibungsmodelle entschieden. Bevor dies nicht passiert, können wir uns auch nicht auf ein mögliches einstellen. Wir haben dem Landeshauptmann mitgeteilt, dass es um die Zukunft von mehr als 1.400 Mitarbeitern im Land geht und dass Entscheidungen notwendig sind. Altlandeshauptmann Durnwalder hätte diese längst getroffen – die neue Regierung ist eben etwas zaghafter“, so SAD-Chef Gatterer.
Die langen Dienstspannen hält Ingemar Gatterer für „kein effektives Problem“: „Im Zeitraum zwischen Juni und Dezember 2016 verwaltet die SAD 1.019 Linienturnusse. Von diesen haben lediglich 46 – also 4,51 Prozent – eine Dienstspanne von über zwölf Stunden. Die langen Turnusse werden zwischen den Fahrern zudem abgewechselt – was bedeutet, dass bei einer Dienstresidenz mit 18 Mitarbeitern ein Fahrer einen langen Turnus nur dreimal in einer Zeitspanne von 18 Wochen durchführen muss.“ Das Problem sei somit marginal und nur von einigen Gewerkschaftsvertretern hochgespielt.
Keine Zweisprachigkeit?
Bei öffentlichen Verkehrsmitteln herrscht in Südtirol Zweisprachigkeitspflicht. Das Personal muss über einen Zweisprachigkeitsnachweis verfügen. Verwunderlich ist deshalb eine Stellenanzeige der SAD, die nach neuen Busfahrern sucht: In der Anzeige führt die SAD den Zweisprachigkeitsnachweis nur als „gewünschte Voraussetzung“ an.
SAD-Chef Ingemar Gatterer erklärt auf Nachfrage: „Busfahrer, die im Vorfeld bereits sämtliche Eignungen erfüllen, sind zunehmend schwierig zu bekommen. Wir haben uns daher mit dem Land auf die Vorgehensweise einer ‚Ausbildung während der Tätigkeit‘ geeinigt, was bedeutet, dass fehlende Eignungen innerhalb einer bestimmten Frist nachgereicht werden können. Die Fahrer können jedoch umgehend eingestellt werden, um den Dienst zu garantieren.“
Die Busfahrer müssen sich, so Gatterer, unmittelbar für die Zweisprachigkeitsprüfung im Dringlichkeitsfall anmelden und diese innerhalb einer Frist von maximal zwölf Monaten abhalten und bestehen.
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