Die Frust-Fahrer
Gewerkschafter Richard Goller schlägt Alarm: Die vielen Streiks des SAD-Personals in den letzten Jahren hätten nichts genutzt. Jetzt seien die Leute stuff. Immer mehr Busfahrer würden sich nach einem neuen Job umsehen.
von Heinrich Schwarz
In den letzten drei Jahren streikte das Personal des Nahverkehrs-Unternehmens SAD weit mehr als zehn Mal. Zumeist fanden nach dem Schulbeginn im Herbst regelrechte Streikwellen statt. Die Gründe für die Arbeitsniederlegungen waren vielfältig. Vor allem ist das Betriebsabkommen der SAD seit 1988 nicht mehr erneuert worden. Neben einer Inflationsanpassung fordern die Transportgewerkschaften unter anderem Essensgutscheine für alle Angestellten und eine bessere Regelung der Sommerurlaube.
„Das größte Problem sind allerdings die langen Dienstspannen. Wenn man die ganze Woche 12 bis 14 Stunden unterwegs ist, ist das eine große Belastung. Wenn man dann noch irgendwo in der Peripherie herumstehen muss und dafür nur mit 20 Prozent bezahlt wird, ist das nicht mehr vertretbar“, ärgert sich der ASGB-Gewerkschafter Richard Goller. Nur Dienstpausen bis zu 30 Minuten werden voll vergütet. Bei längeren Dienstpausen außerhalb des Dienstsitzes gibt es nur 20 Prozent.
„Die SAD verweist immer auf die rechtliche Grundlage, wonach sie bei den Turnussen diesen Spielraum habe, doch die menschliche Sicht wäre eine andere“, meint Goller.
Ob diesen Herbst nun wieder mit Streiks zu rechnen ist, nachdem die SAD die Verhandlungen längst wieder auf Eis gelegt hat?
„Nein, die Leute sind stuff. Sie sagen, dass eh nichts passiert“, so Richard Goller. Von Landesrat Florian Mussner haben sich die Busfahrer Unterstützung erhofft – und wurden enttäuscht.
Goller betont: „Vor allem seit dem Frühjahr sehen sich viele Bedienstete nach einem neuen Arbeitsplatz um. Ich schätze, dass in den letzten Monaten rund zehn Personen gegangen sind. Der Arbeitsmarkt ist wieder relativ offen, sodass sich viele Möglichkeiten bieten.“
Der ASGB-Gewerkschafter weiter: „Ich verstehe die Leute vollkommen. Viele klagen, dass sie von 06.00 Uhr früh bis zum späten Abend unterwegs sind, eine immer größer werdende Verantwortung zu tragen haben und dabei auch noch schlecht bezahlt werden. Da suchen sie sich lieber eine andere Arbeit, bei der sie sich nicht dauernd ärgern müssen und bei der sie öfter Zuhause sein können.“
Goller glaubt, dass die Qualität im öffentlichen Nahverkehr unter der schwierigen Situation der Arbeitnehmer leiden wird: „Vor allem bei den dienstälteren Busfahrern ist der Frust groß. In der Peripherie wird es immer schwieriger, qualifiziertes, ortskundiges Personal zu findet.“
Auch die Zweisprachigkeit sei ein großes Thema. In einer aktuellen Stellenanzeige der SAD etwa ist der Zweisprachigkeitsnachweis nur als „gewünschte Voraussetzung“ angegeben – und nicht als verpflichtende.
Richard Goller hofft auf eine Änderung der Bestimmungen zu den Dienstspannen, um die Spielräume der SAD zu beseitigen. In der Folge müsste man zusätzliche Busfahrer einstellen. „Derzeit sind wir unterbesetzt – und zwar willentlich“, meint der Gewerkschafter.
Er erklärt: „Es müsste doch im Interesse der Politik sein, hier im Sinne einer besseren Qualität im öffentlichen Nahverkehr einzuwirken. Im Hinblick auf die anstehende Ausschreibung der Busdienste könnte die Provinz eine Richtlinie vorsehen, die die Dienstleister morgen anwenden müssen.“
LESEN SIE MORGEN AUF TAGESZEITUNG ONLINE: DIE REAKTION VON SAD-CHEF INGEMAR GATTERER.
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